Rezension

Neu und doch immer dasselbe

Von der Nacht verzaubert - Amy Plum

Von der Nacht verzaubert
von Amy Plum

Bewertet mit 2.5 Sternen

Mit "Von der Nacht verzaubert" liefert die amerikanische, aber in Frankreich lebende Autorin Amy Plum den Auftakt einer neuen Trilogie aus dem Bereich Romantic/Contemporary Fantasy für Jugendliche beziehungsweise junge Erwachsene, die mich am Anfang mit vermeintlich neuen Ideen lockte - und dann doch wieder das immer gleiche Schema präsentierte.

Inhalt: Kate verlässt mit ihrer älteren Schwester Georgia die USA und zieht zu den Großeltern nach Paris, nachdem ihre Eltern bei einem schweren Verkehrsunfall ums Leben kamen. Während Georgia schnell wieder der Mittelpunkt jedes Freundeskreises und jeder Party ist, isoliert sich Kate, bis sie eines Tages den gutaussehenden Vincent kennenlernt. Als sie jedoch erfährt, dass er und seine Freunde Revenants sind, Wesen, die in ihrem menschlichen Leben andere durch ihren Tod gerettet hatten und nun den Drang verspüren, dies immer wieder zu tun, ist sie verunsichert. Kann sie die dauernde Konfrontation mit dem Tod ertragen? Außerdem haben die Revenants mächtige Feinde und Kate wird in diese Gefahren mit hineingezogen...

Durch den Schauplatz Paris und die Idee der Revenants machte "Von der Nacht verzaubert" auf mich zunächst einen recht originellen Eindruck. Endlich mal keine Vampire oder Werwölfe, sondern etwas annähernd Menschliches, das sich normal ernährt. Die Idee, wie das Leben der Revenants abläuft, schien mir auch gut durchdacht. Sie verspüren den Drang, immer wieder Menschen, die sich in Gefahr befinden, das Leben zu retten und sollten sie selbst einmal sterben, erwachen sie kurz darauf wieder in ihrem Körper, in dem Alter, in dem sie zum ersten Mal gestorben sind. Bis zum nächsten Tod altern sie normal. Allerdings stellte sich schnell heraus: Hier quetscht sich eine neue Fantasy-Idee in das Korsett eines altbekannten Schemas - und so recht passt ihr das nicht.

Wäre es einfach nur sehr ähnlich zu "Twilight" und Co., wäre das Buch an sich vielleicht gar nicht schlecht. Natürlich stören mich die ewig gleich anmutenden Kopien mittlerweile und wirken wenig originell, aber solange die Handlung der Kopie sich flüssig in den Rahmen des Altbekannten einbinden lässt, kann es dennoch harmonisch wirken. Aber das ist bei "Von der Nacht verzaubert" einfach nicht der Fall. Allein die Art, wie Kate die Geheimnisse offenbart wurden, ließen mich stutzen. Gefühlte hundert Mal wurde ihr die Frage gestellt, ob sie Angst habe. Würde man sie fragen, ob sie überrascht oder schockiert sei, meinetwegen - aber Angst? Wovor? Revenants springen für andere Menschen vor Züge, retten Leben und wirklich sterben können sie dabei auch nicht. Für Kate stellen sie nicht die geringste Gefahr da - ganz im Gegensatz zu Vampiren, für die diese Textpassagen eher geschrieben zu sein scheinen. Die Autorin versucht Kates Gefühle den Revenants gegenüber durch den Tod ihrer Eltern zu erklären, was für mich leider nur teilweise funktionierte. Denn die Revenants sterben ja nicht...

Und der Rest. Die Dynamik der Revenants-Wohngemeinschaft erinnert schon sehr an Twilight, über diese Assoziation kam ich nicht herum. Es gibt sogar den Haus-"Vater", der seinem natürlichen Drang schon sehr lange widerstehen kann (Carlisle Cullen lässt grüßen). Die anderen Charaktere im Haus hatten ebenfalls Ähnlichkeiten zu den Twilight-Figuren, allerdings hat mich das nicht einmal am meisten gestört. Sie waren einfach völlig überdreht, wirkten unnatürlich und aufgesetzt. Das verlieh dem Roman auch ohne die Liebesgeschichte eine ordentliche Portion Kitsch. Die Liebesgeschichte gab dem ganzen dann den Rest. Sie war so unglaubwürdig, einfach übertrieben und leider in ihrem Verlauf auch vorhersehbar. Was an Romantik da war, hat mich wenig berührt. Dass man seine überraschend aufflammende Leidenschaft wieder einmal nur schwer zügeln kann, aber seine gesamte Selbstkontrolle in die Keuschheit investiert, muss ich wohl kaum noch erwähnen. Das Buch folgt hier dem vorgegebenen Schema wirklich sehr stringent.
Zudem sind die Revenants natürlich steinreich, leben in einer Luxusvilla und Vincent, alias Mr Perfect, überschüttet Kate, alias Ms "Ich-bin-so-durchschnittlich", mit teuren Geschenken. Auch hier also öfter mal nichts neues.

Zu guter Letzt empfand ich das Verhältnis zwischen Liebesgeschichte - oder besser, dem nervigen Liebesgeplänkel - und der Fantasy, dem Kampf mit dem Bösen, als sehr unausgeglichen. Die Bösen kommen vor allem am Ende fast aus dem Nichts und die Motivation von Vincents Erzfeind wird quasi in einem Nebensatz über die Vergangenheit abgehakt - wirklich in Erscheinung treten darf er nur für wenige Seiten. Die Entwicklung dieses Kampfes zwischen Gut und Böse am Ende ist dann auch nicht wirklich neu und lässt sich wieder problemlos erahnen. Nur Kates Charakter hat mich hier noch einmal richtig gestört: Angeblich ist sie vom Tod ihrer Eltern so traumatisiert, dass allein der Gedanke an jeden weiteren Tod sie ängstigt und sie zu einem Häufchen Elend macht - aber was sie am Schluss dieses Romans plötzlich erlebt, etwas was wahrscheinlich auch die meisten weniger labilen Menschen in eine lange Therapie befördern würde, lässt sie vollkommen kalt. Schlimmer sogar, danach ist sie glücklich, froh und zufrieden. Das passte überhaupt nicht zusammen.

Im Gegensatz zu anderen Romanen, die unter dieser Art von Doppelgängertum leiden, muss ich "Von der Nacht verzaubert" aber wenigstens zu Gute halten, dass es ganz ansprechend geschrieben wurde und sich auch bemüht wurde, dem Buch durch die Atmosphäre der Stadt Paris doch noch einen leichten individuellen Touch zu verleihen. Es lässt sich trotz Kitsch gut lesen und, auch wenn es mich insgesamt nicht überzeugen konnte, fand ich es auch nicht nur negativ. Ein wenig abwechslungsreichere Charaktere und eine etwas originellere Geschichte würde ich mir aber wünschen, sollte ich die Fortsetzung noch lesen. Da bin ich bis jetzt nicht sicher.

Fazit: Mit Ach und Krach 3 Sterne. Die Idee der Revenants wirkt neu, das Ganze entpuppt sich allerdings doch schnell als 08/15-Romantic-Fantasy und die Liebesgeschichte ist beinahe unerträglich kitschig. Der flüssige Schreibstil macht das Buch aber gut lesbar und wer kein Problem damit hat, ein Buch nach altbekanntem Schema zu lesen, wird hiermit sicher seine Freude haben. Mir war es zu wenig originell, aber insgesamt lesbar - zwar unterer Durchschnitt, aber immer noch Durchschnitt.