Rezension

Neue Blickwinkel

STONE BLIND – Der Blick der Medusa -

STONE BLIND – Der Blick der Medusa
von Natalie Haynes

Bewertet mit 4.5 Sternen

Sicher kennt jeder Medusa oder hat zumindest schon einmal von ihr gehört – die Frau mit den Schlangenhaaren und dem versteinerten Blick. Aber ist sie wirklich das Ungeheuer, als das sie oft, auch in diversen Filmen, dargestellt wird?

Romane, die sich die griechische Mythologie zum Thema machen, sind aktuell groß in Mode, ich selbst habe bereits ein paar davon gelesen. Natalie Haynes nimmt sich der Medusa-Sage an, und zwar der kompletten – es beginnt bereits vor Medusas Geburt, und sämtliche Akteure werden bedacht, auch eher nebensächliche, das Figurenensemble des Romans ist groß, und fast jede erhält ihre eigene Perspektive.

Mir hat das wirklich gut gefallen, aber ich kenne die griechische Mythologie auch recht gut bzw. kam mir vieles wieder in Erinnerung. Und ich denke, dass das wichtig ist: Man sollte sich, zumindest ein bisschen, auskennen mit den griechischen Göttern, ihren Nachkommen, den Helden und „Ungeheuern“ – dann wird man diesen Roman auch in vollem Umfang genießen können. Leider gibt es kein Glossar, dafür stehen uns heute aber Suchmaschinen im Internet zur Verfügung, vieles ergibt sich aber auch aus dem Kontext.

Mir hat die Herangehensweise der Autorin sehr gut gefallen, und manche der auftretenden Figuren wird man zukünftig vielleicht in einem anderen Licht sehen. So sind z. B. die Gorgonen hier alles andere als Ungeheuer, sie haben Gefühle und kümmern sich umeinander. Dafür sind andere weniger heldenhaft als gedacht. Mir persönlich haben die Kapitel gut gefallen, in den wir Leser:innen in Ich- bzw. Wir-Form persönlich angesprochen werden – und ich mochte auch den gelegentlichen Humor, vor allem die oft süffisanten Sprüche der Götter..

Durch die vielen verschiedenen Perspektiven und das Weitausholen des Plots war der Roman keiner, den man schnell wegliest, auch, weil zwar eine gewisse Spannung vorhanden ist, aber diese mich nicht vorangetrieben hat. Letztlich ist die Geschichte halt auch bekannt, und auch, wenn sich mancher Charakter anders darstellt als man vielleicht erwartet hat, bleibt die Geschichte eben doch die Geschichte, die Spannung ergibt sich eher aus dem Miteinander.

Mir hat der Roman gut gefallen, vor allem, weil er neue Blickwinkel mitgebracht hat. Vor allem Medusa und ihre Gorgonenschwestern werde ich zukünftig mit anderen Augen sehen. Meiner Meinung nach sollte man sich aber in der griechischen Mythologie ein bisschen auskennen, um die Geschichte voll genießen zu können. Der besondere Erzählstil der Autorin mit vielen Perspektiven, einem Weitausholen der Ereignisse und der „Ansprachen“ an die Leser:innen empfand ich als sehr passend. Von mir gibt es daher eine Leseempfehlung für alle, die die griechische Mythologie interessant finden oder sich damit auseinander setzen möchten.