Rezension

Neue Pespektiven

Langeweile ist politisch. Was ein verkanntes Gefühl über unsere Gesellschaft verrät -

Langeweile ist politisch. Was ein verkanntes Gefühl über unsere Gesellschaft verrät
von Silke Ohlmeier

Bewertet mit 5 Sternen

Silke Ohlmeiers Buch "Langeweile ist politisch" ist eine fesselnde Erkundung des Phänomens der Langeweile und eine erfrischende Perspektive auf das alltägliche Leben. Mit einem scharfen Blick für gesellschaftliche Zusammenhänge entlarvt Ohlmeier die vermeintliche Banalität der Langeweile und zeigt auf, dass sie tatsächlich eine hochpolitische Dimension besitzt. Dabei ist das Angenehme an Ohlmeiers Buch das völlige Fehlen von Dogmatismus. Im Gegenteil ist es ihr Anliegen, mit Vorurteilen und Glaubenssätzen rund um die Langeweile aufzuräumen.

Langeweile macht kreativ?

Intelligente Menschen sind niemals gelangweilt?

Wer beschäftigt ist, dem kann nicht langweilig sein?

Alles falsch – oder zumindest nicht (ganz) richtig. Ohlmeier macht klar, dass Langeweile kein rein privater Zustand ist, sondern ein Zeichen für strukturelle Probleme in unserer Gesellschaft sein kann und auf unerfüllte Bedürfnisse hinweist. Sie zeigt, wie unser modernes Leben durch Überstimulation, Ablenkung und die ständige Suche nach Neuem geprägt ist, und wie dies zu einem Verlust von innerer Ruhe, Kreativität und Verbundenheit mit uns selbst und unserer Umwelt führt.

Ohlmeier legt dar, dass Langeweile ein Anstoß sein kann, um das bestehende System zu hinterfragen und Veränderungen anzustoßen. Langeweile kann Raum für Reflexion und kritisches Denken schaffen und bewusst machen, was in unserer Gesellschaft fehlt oder falsch läuft. Sie kann daher als ein Antrieb für politisches Engagement und soziale Veränderung dienen.

Ohlmeier stützt ihre Argumente auf die aktuelle Forschung, persönliche Erfahrungen und Beispiele aus dem realen Leben. Der Stil der Autorin liest sich angenehm flüssig und gleichzeitig wissenschaftlich. Sie schreibt knapp und ohne große Redundanzen und versteht es, auch etwas abseitigere Gedanken fassbar zu machen.  Diese Mischung macht das Buch leicht zugänglich, ohne dass es dabei an Tiefe und Substanz verlöre.

Warnung: Ohlmeiers Intention war ausdrücklich nicht, einen Ratgeber im Stil von „Nie mehr Langeweile“ zu schreiben. Ihr geht es darum, das Phänomen in all seinen oft überraschenden Facetten zu durchdringen. Ich finde, das ist ihr gelungen: Mir hat das Buch durchaus neue Perspektiven auf mich und mein Umfeld eröffnet.