Rezension

Neuer Schwung durch Alice

Totenkünstler - Chris Carter

Totenkünstler
von Chris Carter

Bewertet mit 4 Sternen

"Totenkünstler" ist bereits der vierte Fall, dem sich die Detectives Hunter und Garcia annehmen. Diesmal ist das Opfer ein Staatsanwalt, der, obwohl er ohnehin im Sterben lag, zerstückelt aufgefunden wird. Die Einzelteile wiederum wurden zu einer Skulptur zusammengesetzt. Hinweise ergeben sich zunächst keine, so dass sich die Ermittler um die Interpretation der Skulptur bemühen. Als das zweite Opfer jedoch gefunden wird und sich herausstellt, dass er ein Polizist war, wird der Druck durch die Öffentlichkeit immer immenser und ein Wettlauf mit der Zeit beginnt.

Ich bin wirklich ein großer Fan von Chris Carter. Wie er die Taten, die verübt werden, und wie er auch die Tatorte beschreibt, wirklich einmalig. Ja, es ist blutig und stets brutal, aber es lässt nie Raum für eigene Interpretationen, denn alles ist eindeutig und detailliert beschrieben und gerade bei den Fällen, wo nachher Kleinigkeiten wichtig sind, um den Täter ausfindig zu machen, ist das spitze. Ich liebe das Tempo der Erzählung, denn es gibt eigentlich keine Stelle, an der man anhält und denkt: "puh, jetzt atmen wir mal durch". Dieser Spannungsbogen ist einfach genial gemacht und für mich vermutlich auch das Beste an Chris Carter. Sein Stil ist einfach schon nach vier Fällen unverwechselbar. Ein knackiger Prolog, kurze Kapitel, die meist in einem Cliffhanger enden, Geistesblitze von Hunter und am Ende Hunter, der herausrausfindet, wer der Mörder ist, ohne aber, dass es der Leser weiß und dass man es letztlich wirklich so spät wie nur irgendwie möglich erfährt.
So genial diese Seite ist, so sehr ziehen sich aber auch immer die gleichen Schwachstellen durch die Thriller. Nach wie vor erfährt man wirklich nur bruchstückhaft privates über die Detectives. Nach diesem Fall habe ich nun auch endgültig mit der Hoffnung abgeschlossen jemals mehr über Carlos Garcia zu erfahren. Stattdessen bekommt man in jedem einzelnen Band serviert, wann er seine Frau kennen gelernt hat, wie er um sie geworben hat, wie lange sie verheiratet sind und wie glücklich sie doch sind. Stets dieselbe Kamelle. Bei Hunter ist es etwas besser, man muss einfach akzeptieren, dass er der Hauptermittler ist und Garcia nur vorhanden, weil man normalerweise in solchen brisanten Fällen nicht alleine ermittelt. Von Hunters Vergangenheit erfährt man also nur näheres durch die Einführung von Alice. Sobald ich das erste Mal von Alice las, wusste ich, dass sie diejenige war, die die ganze Zeit gefehlt hat. Irgendwie hat mir die ganze Zeit schon eine weibliche Person gefehlt, die einige Sympathien trägt. So ist Captain Blake stets unnahbar und meist wütend und die Pathologin Dr Howe taucht einfach zu wenig auf. Alice ist zwar keine Ermittlerin, aber sie bringt einiges mit und ich hoffe, dass sie nicht wieder gleich im Erdboden verschwindet. Die gemeinsame Vergangenheit mit Hunter ist, dass sie gemeinsam eine Hochbegabtenschule besucht haben und dass man davon ausgehen kann, dass Alice in ihn verliebt war. Dadurch erfährt man also einiges über den jugendlichen Robert Hunter. Was auch überaus positiv an Alice ist, ist die Tatsache, dass sie auch die Hochbegabtenschule besucht hat und so wird sie auch dargestellt. Nach dem vierten Fall könnte ich also ohne Probleme sagen, dass man Garcia absägen könnte und stattdessen wird Alice die neue Partnerin von Hunter. Was Garcia nämlich in drei Fällen herausfinden konnte, das konnte Alice bereits in einem.

Man sieht, der Fall war wie immer sehr gelungen, er konnte auf ganzer Linie überzeugen. Auch der Täter war sehr überraschend, vielleicht sogar der bisher spannendste und der, der am wenigsten zu erwarten war. Die einzelnen Charaktere sind weiterhin zu blass, bis auf Alice, die richtig Schwung hereinbringt, leider aber auch betont, wie unwichtig Detective Garcia für die Handlung ist.
Was mich auch sehr stört ist der Klappentext. Dort wird angekündigt, dass der Täter seine Opfer unter Polizisten sucht. Naja, einer ist letztlich Polizist. Der Klappentext ließ aber darauf schließen, dass der Täter wirklich nur Polizisten auf dem Kicker hatte, so dass eventuell auch Hunter und Garcia zu den potenziellen Opfern gehört hätten. Also ein Text, der viel verspricht, aber das eigentliche nicht hält, also ganz schlechte Arbeit.
Insgesamt ist "Totenkünstler" aber für mich der bisher beste Chris Carter, somit vergebe ich 4 Sterne!