Rezension

Neues Lieblingsbuch

Was man von hier aus sehen kann - Mariana Leky

Was man von hier aus sehen kann
von Mariana Leky

Bewertet mit 5 Sternen

Luise, die Ich-Erzählerin, ist zu Beginn des Buchs noch ein Kind. Ihre Welt ist klein, sie lebt in einem Dorf, in dem jeder jeden kennt. Eines Morgens erfährt sie, dass Selma (ihre Oma) von einem Okapi geträumt hat. Das Dorf gerät in helle Aufruhr, denn jeder weiß, wenn Selma von einem Okapi träumt, dann stirbt jemand.

Die Handlung ist bei diesem Roman eigentlich zweitrangig. Es geht eher darum, wie wunderbar Mariana Leky die Figuren schildert, ihre Gefühle, und die Beziehungen zwischen den Dorfbewohnern. Die wichtigste Person in Luises Leben ist Selma. Und der Optiker, der heimlich in Selma verliebt ist und jeden Tag darüber nachdenkt, ob er ihr das sagen soll. Luises Mutter ist kaum präsent, denn sie verliert sich total in der Frage, ob sie Luises Vater verlassen soll oder nicht. Und Luises Vater ist mit seiner Psychoanalyse bei Dr. Maschke beschäftigt.

Die Autorin schreibt ganz wunderbare Sätze, bei denen man oft schmunzeln muss. Manchmal sind sie auch sehr traurig. Ich habe einige Male eine Seite noch einmal gelesen, weil die Sätze so wunderschön sind. Sie drücken genau das Richtige aus, aber auf eine sehr ungewöhnliche Art und Weise. Hier ein Beispiel. Die Dorfbewohner freuen sich gerade darüber, dass sie nicht gestorben sind, obwohl Selma von einem Okapi geträumt hat: (Seite 97)

„Sie waren heilfroh und nahmen sich vor, sich künftig an allem zu freuen und dankbar zu sein, weil sie noch vorhanden waren. Sie nahmen sich vor, sich zum Beispiel endlich einmal ausgiebig an dem Lichtspiel zu freuen, das die Morgensonne in den Apfelbaumzweigen veranstaltete. […] Aber immer kam nach kurzer Zeit der Dankbarkeit und Freude dann ein Wasserrohrbruch oder eine Nebenkostenabrechnung, und da waren Freude und Dankbarkeit dann schnell verwässert, da war man dann nicht mehr dankbar, dass man vorhanden war, da war man dann verärgert, dass mit einem selbst auch Nebenkostenabrechnungen oder Wasserrohrbrüche vorhanden waren, und das Sonnenlicht im Apfelbaum konnte einpacken.“

Für mich ist „Was man von hier aus sehen kann“ ein absolutes Herzensbuch. Als ich eben darin geblättert habe, um diese Rezension zu schreiben, hätte ich es am liebsten noch einmal von vorne bis hinten gelesen. Anfang der 2000er hatte ich von der Autorin „Liebesperlen“ gelesen, ein Band mit Erzählungen, und fand diesen auch sehr großartig. Mir ist gerade aufgefallen, dass ich seitdem einiges verpasst habe, dass muss ich dringend nachholen.

Übrigens habe ich mich beim Lesen ein bisschen in den Optiker verliebt. Und es kommt eine Buchhandlung vor! Und ein großer Hund! Lauter gute Gründe, das Buch zu lesen. Ich kann es nur empfehlen.

Kommentare

LySch kommentierte am 30. Juni 2017 um 13:37

Die tollen Rezis zu diesem Buch wachsen hier ja so schnell wie Pilze :D Wahnsinn! Es ist schon auf der WuLi und wenn das hier so weitergeht, garantier ich für nichts *lach*

TanyBee kommentierte am 04. Juli 2017 um 10:44

Kein Wunder, das Buch hat es einfach verdient :)