Rezension

nicht atemberaubend spannend, dennoch auf seine besondere Art fesselnd

Das Licht der letzten Tage - Emily St. John Mandel

Das Licht der letzten Tage
von Emily St. John Mandel

Zitate:
„Er hatte nur die Wahrheit sagen wollen, ihr vielleicht irgendwie helfen, aber er sah sofort, dass er einen Fehler gemacht hatte.“
(S.36)

„Er rief ihren Namen, aber sie war weg. In dem Moment bemerkte er, dass das Vogelgezwitscher aufgehört hatte. Der Wald war völlig still geworden.“
(S.171)

Inhalt:
Ein Schauspieler, Arthur Leander, stirbt mitten in einer Aufführung. Alle Versuche, ihn wiederzubeleben scheitern. Jeevan tröstet die kleine Kinderdarstellerin Kirsten, die Arthurs Tod mit ansehen musste, nichts davon ahnend, dass die Welt bald vor einem größeren Problem stehen wird.

Kurz darauf greift ein gewaltiges Übel um sich. Die Georgische Grippe breitet sich aus. Menschen sterben innerhalb kürzester Zeit in Scharen. Nichts kann die Viren aufhalten. Und so liegt die Menschheit urplötzlich in ihren letzten Atemzügen.

Meinung:
Als ich von „Das Licht der letzten Tage“ gehört hatte, war ich mir sofort sicher, dass das Buch eindeutig etwas für mich sein musste. Im Vorfeld wurde die Geschichte außerdem von einigen doch bekannteren Namen gelobt. So gab es für mich natürlich kein Vorbeikommen und ich begann unmittelbar, nachdem das Buch bei mir angekommen war, mit dem Lesen.

Ich muss gleich vorwegsagen, dass ich mit dieser Geschichte doch etwas anderes als erwartet bekommen habe. Es gab nicht so unbedingt einen charakteristischen Aufbau eines Endzeitromans. Die Autorin konnte mich damit mehr oder weniger überraschen und in großen Teilen schon auch überzeugen. 

Auf den ersten Seiten des Buches wurde ich erstmal Zeuge eines unerwarteten Todes des Hauptdarstellers der Aufführung König Lear. Alle Bemühungen Jeevans, Arthur zu retten, fruchten nicht. Der berühmte Schauspieler ist nun tot.

Doch kurz darauf muss die Menschheit Schlimmeres verkraften als den Tod Arthur Leanders. Denn mit einer derartig tödlichen Grippeepidemie hat niemand gerechnet. Völlig unvorbereitet trifft sie auf Jung und Alt. Die Georgische Grippe bedeutet Tod in kürzester Zeit. Es gibt keine Chance zu überleben. Das allerdings wissen die Menschen zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Nach diesen ersten Seiten macht die Geschichte einen Cut und ich befand mich im Jahr 20 nach der Epidemie. Einige Menschen haben überlebt. Kirsten, das Kind, das vor Jahren von Jeevan nach dem Tod Arthurs getröstet wurde, ist nun Teil einer Schauspielergruppe, der Symphonie. Die Gruppe reist zwischen den letzten von Menschen bewohnten kleinen Ortschaften umher. Die Reisen sind gefährlich. Vielen Gefahren müssen sie sich stellen. Denn nicht nur in der wieder erstarkten Natur können sie den Tod finden. Auch einige bewohnte Orte müssen sie meiden.

Emily St. John Mandel hat ihre Geschichte in mehrere Teile gesplittet. Wechselnde Sichten in Vergangenheitsform und dritter Person brachten mir einerseits die Welt nach der Katstrophe nahe, andererseits bediente sich die Autorin vieler Rückblicke aus der Zeit davor. So erfuhr ich zahlreiche Details aus dem Leben des berühmten Schauspielers Arthur Leander, aber auch von Kirsten oder Jeevan erhielt ich Ausschnitte aus ihrem alten Leben. Zwischen den Zeilen schwang für mich immer eine gewisse Wehmut und Melancholie mit, die mich durch die Handlung tragen konnten. Die Geschichte ist mit Sicherheit kein spannungsgeladener Pageturner, konnte mich dennoch auf ihre eigene Weise fesseln und an sich binden. Der Autorin ist es immer wieder gut gelungen, mich neugierig bei Laune zu halten. Zielsicher schloss sie Kreis um Kreis und ließ mich immer wieder neue Verbindungen entdecken, die mir bis dahin unbewusst noch nicht klar waren. Und auch eine eingebaute Comicgeschichte spielt immer wieder eine große Rolle. Die Verknüpfungen zwischen den Plots sind Emily St. John Mandel, auch wenn sie mich hierbei manchmal etwas auf dem falschen Fuß erwischte, durchaus gelungen.

Etwas verwirrt haben mich die Namen der Menschen in der Symphonie. Fast jeder hatte hier seinen richtigen Namen abgelegt und sich nach seinem gespielten Instrument benannt. Solange es von einem Instrument nur eine Ausgabe in der Gruppe gab, war der Überblick noch einigermaßen vorhanden. Schwierig wurde es jedoch, wenn dann von der „sechsten Gitarre“ oder vom „dritten Cello“ usw. die Rede war. Doch davon ließ ich mich natürlich nicht aufhalten.

Die Geschichte endet, wie so eine Geschichte enden muss. Ich fühlte mich wohl mit „Das Licht der letzten Tage“ und erlebte mit der Geschichte tatsächlich einen etwas anderen Endzeitroman. 
 
Urteil:
„Das Licht der letzten Tage“ glänzt nicht mit atemberaubender Spannung, konnte mich dennoch durch die zwischen den Zeilen schwebende Melancholie in Verbindung mit gut ausgearbeiteten Handlungssträngen an die Seiten fesseln. Für meine Leseeindrücke vergebe ich deshalb knappe 4 Bücher.

Für alle, die auch einmal hinter den Vorhang des Lebens schauen wollen, Charakterverbindungen lieben und mit Wehmut an die Zeit davor denken können.

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