Rezension

Nicht mein Fall

Pretty Girls
von Karin Slaughter

Grant County und Will Trent, mit diese beiden Reihen hat sich die amerikanische Bestsellerautorin einen Namen einen Namen gemacht. Vor kurzem ist außerhalb dieser beiden Serien „Cop Town“ in der deutschen Übersetzung erschienen, ein atmosphärisch dichter Roman, der neben der reinen Thrillerhandlung vor allem durch die beeindruckenden Schilderungen der Rassenproblematik und ihre Auswirkungen auf die Polizeiarbeit in den Südstaaten der siebziger Jahre brilliert.

Nun also der zweite Stand alone „Pretty Girls“, ein reinrassiger Psychothriller, in dem sie die gesellschaftspolitische Komponente komplett außen vor lässt. Hintergrund der Handlung ist das spurlose Verschwinden der neunzehnjährigen Julia im Jahr 1991. Die Ermittlungen in diesem Fall wurden schlampig geführt, und so verliefen sämtliche Nachforschungen im Sand. Die junge Frau taucht nicht mehr auf, und ihre Familie bricht an diesem Ereignis auseinander.

Die eigentliche Handlung setzt nun vierundzwanzig Jahre später ein. Wieder verschwindet eine junge Frau, die eine gewisse Ähnlichkeit mit Julia hat. Deren beide Schwestern, Claire und Lydia, werden dadurch wieder schmerzlich mit dem erlittenen Verlust konfrontiert. Kontakt haben sie kaum noch zueinander, zu viel ist in der Zwischenzeit geschehen. Das ändert sich, als Claires Mann Paul bei einem missglückten Raubüberfall erstochen wird und stirbt. Beim Sichten seiner Unterlagen findet Claire auf dessen Computer brutale Downloads, die sie zutiefst verstören. Welche Neigungen hat ihr Mann vor ihr verborgen? Und war er wirklich so ein Ungeheuer? Ihre Schwester Lydia kann ihr auch so einiges von Paul erzählen, und nach anfänglichen Zweifeln glaubt Claire ihr schließlich. Obwohl sie bei ihren Nachforschungen auf eine Mauer des Schweigens treffen, lassen die beiden Frauen nicht locker. Und nach und nach kommt die Wahrheit ans Licht…

Snuff Videos, um dieses Thema geht es in „Pretty Girls“. Karin Slaughter fordert mit diesem Psychothriller ihren Lesern einiges ab. Detailliert und sehr anschaulich schildert sie die perversen Gewaltexzesse, für meinen Geschmack zu ausführlich und zu voyeuristisch. Die Motivation dahinter ist mir schleierhaft, da diese ausführlichen Beschreibungen der Brutalitäten gegen Frauen meiner Meinung nach in einem cleveren und gut gemachten Psychothriller nichts zu suchen haben. Diese Story war mir insgesamt einfach viel zu wenig differenziert. Vernachlässigt hat die Autorin meiner Meinung nach auch die differenzierte Charakterisierung ihrer Personen. So bleibt der Sympathiefaktor komplett auf der Strecke, man fühlt nicht mit, sondern wird zum bloßen Beobachter degradiert. Emotionen werden von einem permanenten Ekelgefühl überlagert, sodass ich irgendwann schon gar nicht mehr wissen wollte, wie dieser Roman endet.

Karin Slaughter kann es besser, was sie ja bereits hinreichend mit ihren anderen Thrillern bewiesen hat. "Pretty Girls" hingegen hat meinen Lesegeschmack leider nicht getroffen.