Rezension

Nicht miteinander, nicht ohne einander

Ein schönes Paar - Gert Loschütz

Ein schönes Paar
von Gert Loschütz

Ein schönes Paar waren sie: Der junge Berufssoldat und die Verkäuferin, die ihre Kleidung selbst schneidert und am liebsten Mannequin wäre. Gegen den Willen der Eltern finden sie sich, heiraten, bekommen einen Sohn. Sie leben in der noch jungen DDR, und die hochfliegenden Pläne der Frau sind hier nicht zu verwirklichen. Fliehen möchte sie - er eigentlich nicht, doch durch eine Verkettung von Zufällen werden sie dazu gezwungen. Nun könnte ein neues Leben beginnen, doch innerhalb kurzer Zeit geht stattdessen die Ehe zu Bruch. Die Mutter verschwindet ohne Adresse und schreibt über Jahre ihrem Sohn nur Postkarten. Im Alter wohnen beide Elternteile wieder in der gleichen Stadt, doch anscheinend ohne Kontakt. Nach ihrem Tod räumt der Sohn Philipp Haus bzw. Heimzimmer leer und erinnert sich...

Die Erinnerungen und die Phantasien des Sohnes zeichnen ein Bild dieser Ehe. Dabei werden häufig wie auf einer Photographie Szenen gezeichnet, ganz detailliert und farbig, jedoch ohne Dialoge. Diese Form entspricht dem Inhalt: Die Beziehung der beiden zeigt sich in Gesten, aber es gibt anscheinend wenig verbale Kommunikation. Und so wundert es nicht, dass die Beziehung zerbricht, wenn so wenig Kommunikation vorhanden ist. Es macht es aber auch mir als Leser schwer möglich, die Gedanken und Gefühle der Protagonisten nachzuvollziehen. Die Eltern bleiben mir fern, und auch in Philipp kann ich mich nur schwer hineinversetzen. 

Ich sehe eine Parallele zwischen dem Politischen und dem Privaten: Wie die beiden deutschen Staaten jahrelang nebeneinander her lebten, direkten Kontakt möglichst vermieden und dennoch immer aufeinander bezogen waren, sehe ich auch die Beziehung zwischen Georg und Herta. Oder ist das eine Überinterpretation??

Das Buch ist dicht geschrieben, pointiert formuliert, mit sehr abwechslungsreichem Satzbau. Sprachlich ein Lesegenuss. Der Inhalt blieb mir wie die drei Hauptfiguren fern.

Das Buch steht auf der longlist zum Deutschen Buchpreis 2018.