Rezension

Nicht restlos überzeugend

Abendrot
von Kent Haruf

Bewertet mit 3.5 Sternen

Das Konzept ist bewährt: Man nehme eine durchschnittliche amerikanische Kleinstadt voller Typen und Exoten und blicke in ihr Leben. Das ist interessant, man findet sich wieder oder wohnt Dramen bei und kommt von Episode zu Episode ausgestandener Abenteuer wieder nach Hause. Manchmal heißt die Stadt Stars Hollow, Waltons Mountain oder Walnut Grove, hier heißt sie Holt.  

Holt, Colorado, irgendwann in den 50ern, das ist das Universum, das Kent Haruf über mehrere Bücher entstehen ließ, wofür er Preise erhielt und weltweit gerühmt wird. 
Dies war mein erstes Buch des Autors und ich tue mich etwas schwer, in die allgemeinen Lobeshymnen einzufallen. Da ist viel einerseits und auch einiges an andererseits.
Man schaut in das Leben der unterschiedlichsten Menschen, die alle ihr Päckchen zu tragen haben. 

Raymond muss plötzlich alleine die Ranch betreiben, Rose kümmert sich mit Engelsgeduld um soziale Katastrophen wie Luther und Betty, DJ ist erst 11 Jahre alt, versorgt aber seinen Großvater und Mary muss plötzlich ohne ihren Mann mit den Kindern über die Runden kommen. 

Man hat sie deutlich vor Augen. Das beherrscht Haruf meisterhaft, er macht schnörkellos Figuren lebendig, schafft Atmosphäre, man ist schnell mitten in Colorado beim Viehtrieb, leidet mit Mensch und Tier. 
Leider bleibt es weitgehend bei Impressionen. Man blickt hier und da kurz in das Leben von diesem und jenem. Manch einer trifft sich auch, wie das halt ist in einer kleinen Stadt. Trotzdem haben die einzelnen Geschichten keinen größeren Zusammenhang. Und am Ende hat man dann das Gefühl, es fehlt etwas. War das alles? Gibt es noch eine Fortsetzung oder wollte der Autor uns nur mal kurz am Leben in einer amerikanischen Kleinstadt schnuppern lassen? Ist das interessant?

Vielleicht muss man die Bücher des Autors tatsächlich als Reihe betrachten und „Abendrot“ ist ein schlechter Einstieg. Es ist ein meisterhaft erzähltes Buch, aber der Plot ist etwas zerfasert.