Rezension

Nicht schlecht, aber auch nicht herausragend.

Lügenmädchen - Luana Lewis

Lügenmädchen
von Luana Lewis

In diesem Psychothriller begegnen wir einer jungen Frau, Dr. Stella Fisher, die noch zwei Jahre zuvor leidenschaftlich gern als psychologische Gutachterin gearbeitet hat , heute jedoch nach einem traumatischen Erlebnis abhängig von Tabletten ist und aus Panik das Haus nicht mehr verlassen kann. Als an einem eiskalten Januartag mit heftigen Schneefällen ein junges, etwa 15-jähriges Mädchen an ihre Tür klopft und um Einlass und Schutz vor dem Unwetter bittet, muss Stella sehr mit sich ringen. Sie hat Angst, der Fremden zu öffnen, lässt sie jedoch schließlich aus Mitleid hinein und bereut es sehr schnell. Die erfahrene, wenn auch selbst geschwächte, Psychologin erkennt das Mädchen als schwer psychisch krank und sieht zu, wie es nach und nach ihr Leben durcheinander bringt…

Ja, dieser Psychothriller war spannend, er war komplex und gut durchdacht, aber er war nicht ganz rund, an manchen Stellen unlogisch und nicht so unvorhersehbar wie man es von der Konkurrenz gewöhnt sein könnte.

Die widerstreitenden Gefühle der Betroffenen wurden gut dargestellt und auch schön durch wechselnde Perspektiven und Zeitsprünge zurück in eine Zeit vor Stellas traumatischem Erlebnis gut ergänzt. Zu meinem Erstaunen gab es mit den vielen Zeit- und Ortswechseln keinerlei Probleme und sie fügten sich Stück für Stück gut ineinander und rollten die Geschehnisse von hinten auf. Als man dann allerdings zeitlich an dem Punkt angekommen war, an dem klar wurde, was Stella angetan worden war, wusste man eigentlich alles, was es zu wissen gab und es blieben die letzten 50 Seiten sehr vorhersehbar. So gesehen war die Handlung leider nicht allzu überraschend und ich habe da schon Thriller gelesen, die einen in ein deutlich tieferes Labyrinth führten und einen am Ende mit einer Auflösung erschlugen, die ihresgleichen sucht (vgl. „Heimweh“ von Marc Raabe).

Außerdem fehlte es an manchen Stellen an Logik. Stella ist eine erfahrene Psychologin, sie hat jahrelang studiert, um über die sinnvolle Medikation von Traumapatienten Bescheid zu wissen und doch lässt sie sich mit Unterstützung ihres Ehemanns Max in die Tabletten-Sucht hinab ziehen. Aber nun gut, Psychologen sind auch nur Menschen und können genauso schwach sein wie wir anderen alle auch. Ich schwanke noch, ob dies ein Teil der Aussage der Autorin sein könnte, da diese ebenfalls Psychologin ist (in diesem Buch wimmelt es nur so von Psychologen) und ggf. irgendeine Kritik auf diese Weise zum Ausdruck bringen möchte.

Man sieht also, dieses Buch bietet auch ein wenig Freiraum für eigene Gedanken und Interpretationen und das gefiel mir grundsätzlich gut. Dennoch hätte ich mir gerade zum Schluss mehr Informationen zum Ausgang des Geschehens gewünscht.

Alles in allem hat dieser Thriller ein paar Schwächen, aber er ist trotzdem interessant und spannend zu lesen und kommt dabei völlig ohne Längen oder atmosphärische Mängel aus. Ich würde dieses Buch vor allem an Menschen weiterempfehlen, die sich für psychische Erkrankungen interessieren, denn der Fall des „Lügenmädchens“ ist wirklich besonders.