Rezension

Nicht so witzig wie erwartet

Esst euer Eis auf, sonst gibt's keine Pommes - Katja Zimmermann

Esst euer Eis auf, sonst gibt's keine Pommes
von Katja Zimmermann

„Esst euer Eis auf, sonst gibt’s keine Pommes. Meine Abenteuer als Alleinerziehende“ erschien im Jänner 2017 im Ullstein Verlag als Taschenbuch. Bei diesem Buch handelt es sich um eine Autobiografie der Autorin. Es wird als witzig und kurzweilig angepriesen, sowohl Cover als auch Leseprobe weisen darauf hin.

Was mich fasziniert ist das Netzwerk, auf das die Autorin zurückgreifen kann. Laut eigenen Angaben großzügigen Unterhalt des Vaters, beide Großelternpaare und Freundinnen und Nachbarn, die gerne bei der Versorgung des Kindes mithelfen. Die Möglichkeit, sich Babysitter zu leisten (sogar als Begleitung in den Urlaub) und einen gut bezahlten Beruf mit flexiblen Arbeitszeiten. So stelle ich mir das Leben einer „typischen“ Alleinerziehenden nicht vor. Im Buch wird zwar auf andere Erziehungsmodelle verwiesen, und dass sie es als Alleinerziehende so schwer hat. Zwei-Eltern-Familien scheinen das Idealbild zu sein, und für die ist nichts ein Problem.

Dadurch ging mir der als Autobiografie getarnte Ratgeber schnell auf die Nerven. Ich lebe mit einem Kind in einer glücklichen Ehe, wobei weder Großeltern noch andere Verwandte als Babysitter einspringen. Ich kenne auch keine freien Tage / Termine am Wochenende, wo mein Partner das Kind hütet, damit ich regelmäßig zum Sport / Kaffeeklatsch mit Freundinnen oder sonst irgendwelchen Vergnügungen alleine aufbrechen kann. Die Zeit, die ich kinderfrei (dank meines Partners und des Kindergartens) verplanen kann, geht zu einem Großteil für Erwerbsarbeit und Hausarbeit drauf. Mein Kind weigert sich, mit einem Babysitter alleine zu bleiben, da er schon Fremdbetreut wird und „seinen“ Anteil von Mama und Papa einfordert. Die beschriebene Welt von zwei-Eltern-Familien kenne ich nicht. Ich kenne aber auch kein Paar, das zu Eltern wurde, ohne dass sich in der Paarbeziehung etwas verändert hat und beneide die Autorin fast ein bisschen, dass sie sich Nächte mit Männerbekanntschaften um die Ohren schlagen oder wilde Partys besuchen konnte, als sich ihre Kinder noch in der Kleinkindphase befunden haben.

Obwohl der Vater keinen wöchentlichen Kontakt hat, gibt es doch jährliche Besuche aus Australien – obwohl es schon eine zweite Familie gibt. Die Ticketpreise sind der Wahnsinn und ich bezweifle, dass sich jede Familie (zusätzlich zu großzügigen Unterhaltszahlungen für zwei Kinder) eine jährliche Fernreise leisten kann.

Wenn die Autorin sich Einmischung in die Erziehung ihrer Kinder wünscht, so glaube ich auch nicht, dass es hier eine allgemeingültige Aussage für Alleinerzieher ist. Natürlich vermittelt jede Bezugsperson andere Werte, aber es gibt auch Grenzen der Toleranz. Hierzu gehört in meinen Augen Vernachlässigung der Aufsichtspflicht, unkontrollierter Medienkonsum, ungesunde Ernährung und fehlende Angebote, die den Interessen des Kindes entsprechen. Da aber in dieser Familienkonstellation das nötige Kleingeld für Babysitter und Interessensförderung der Kinder da ist, scheint es in dieser Familie kein Problem zu sein.

Die lockere Haltung der Autorin gibt es auch bei „normalen“ Müttern, jedoch bedeutet Partnerschaft immer, eigene Interessen zurückstellen zu müssen und Kompromisse einzugehen, weil das Leben mit Kind jeden Elternteil an seine persönlichen Grenzen bringt und dadurch auch die Möglichkeit zum persönlichen Wachstum einräumt.

Was mir zu kurz gekommen ist, ist die Vereinbarkeit Beruf, Kinder und Haushalt. Auch von einer Haushaltshilfe habe ich nichts gelesen. Nur in der Babyzeit war der Haushalt kurz Thema.

Mein Fazit: Statt 10 Euro für das Buch auszugeben, lieber eine Alleinerziehende auf Kaffee und Kuchen einladen und deren Geschichte lauschen. Ich habe nicht mal gegrinst beim Lesen.