Rezension

Nicht von allgemeinem Interesse

Im Sommer wieder Fahrrad - Lea Streisand

Im Sommer wieder Fahrrad
von Lea Streisand

Bewertet mit 2 Sternen

Nur weil etwas authentisch ist, wird es noch lange nicht interessant oder anrührend. Obwohl ich sehr gerne Heilungsgeschichten lese (das hört sich doch besser an als Krankheitsgeschichten), hat mich diese kalt gelassen. Das liegt daran, dass ich nicht zu Leas Familie gehöre. Nicht alles, was familienintern von Belang ist, ist es auch für die Allgemeinheit.

Krebs zu haben ist zweifelsohne ein Schicksal. Ein unschönes, sagen wir es mal so. Und zu verarbeiten, was einem auf dem Behandlungsweg begegnet, ist nicht leicht, vielleicht sogar unmöglich? Dass man versucht, dem Ganzen und sich selbst alles aufschreibend gerecht zu werden, ist mehr als legitim, aber ist es auch von allgemeinem Interesse?

Lea bewundert ihre Großmutter, die zwei Weltkriege erlebte, mehr Liebhaber hatte als ihr vielleicht guttaten, die Kinder aufzog und sich Enkeln zuwandte, die keine einfache Person war, aber doch viele Talente hatte, die sich eine Weile als Schauspielerin durchsetzte und wer weiß, welche Berühmtheit aus ihr geworden wäre, wenn da nicht die Politik, die Umstände oder eben auch wieder das berüchtigte Schicksal, ihr nicht einen Strich durch die Rechnung gemacht hätten. Derartige Nachkriegsschicksale sind allerdings alltäglich.

Aus Empathie und um sich abzulenken, erzählt Lea parallel zu ihrer Leidensgeschichte auch das Leben ihrer Großmutter nach. Das ist authentisch, beides, aber nicht aufregend. Nicht jede Krankheitsgeschichte ist von allgemeinem Interesse und ich möchte behaupten, diese ist es nicht. Beide Storyanteile kommen über den Status von Familienaufzeichnungen, die man für Angehörige macht oder über Therapieschreiben nicht hinaus. Die historische Einbindung ist mager, die philosophischen Betrachtungen über das Leben und den Frühling ebenfalls.

Das ist schade, kann man aber nicht ändern. Um über einen doch eher privaten Status hinauszukommen, braucht es mehr als einfach aufzuschreiben, was war. Man muss Personen lebendig und eigenständig werden lassen, man braucht etwas Besonderes oder muss aus Wenigem etwas Besonderes machen und vor allem braucht man einen Namen. Ein „Mütterchen“ bleibt in der Phantasie des Lesers eben immer ein altes Mütterchen und wird kein rumknutschender, wilder Vamp. Beide Handlungsstränge sind nur lose nebeneinander gestellt, die Großmutter wird in ihrem speziellen Charakteristikum nicht richtig herausgearbeitet und ein Bezug, der beides organisch verbände, fehlt.  

Fazit: Lea Streisand ist es leider nicht gelungen, ihre beiden Erzählstränge zu einer fesselnden Geschichte zu verschmelzen.

Kategorie: Unterhaltung
Verlag: Ullstein, 2016

Kommentare

E-möbe kommentierte am 12. Dezember 2016 um 12:02

Ich dachte, das Buch wäre genau deins.

Wanda, hast du jetzt eigentlich mal den Neil Geiman von Netgalley geordert und gelesen? Und wenn ja, wie war der?

wandagreen kommentierte am 16. Dezember 2016 um 21:33

Grauenhaft.