Rezension

Nichts für schwache Nerven

Lapvona -

Lapvona
von Ottessa Moshfegh

Wovon ist das Glück des Menschen abhängig?

Diese Frage exploriert Ottessa Moshfegh in ihrem Roman „Lapvona“ auf widerstrebende Art und Weise.

Es riecht nach Kot und Verwesung, nach Blut, Vieh und Schlamm – das ist Lapvona, der gottverlassenste Ort der Romanwelt. Hier ist niemand vom Glück begünstigt, am wenigsten Marek, der missgestaltete Sohn des Schafhirten. Doch sein Elend birgt auch eine große Kraft: baldige Nähe zu Gott durch Entsagung und Erniedrigung. Als er von Villiam, dem irren Landvogt, aufs Schloss berufen und als neuer Fürstensohn eingeführt wird, glaubt Marek sich zu Höherem erkoren. Denn noch ahnt er nicht, wie grausam nicht nur die Not, sondern auch die Sättigung den Menschen macht. In ihrem neuesten Meisterwerk entwirft Ottessa Moshfegh ein höllisches Panoptikum menschlicher Monstrosität und trifft in der grotesken Darstellung von Ungleichheit, Korruption und Tyrannei den Nerv unserer Zeit erschreckend genau.

Der Roman erzählt vom mittelalterlichen Stadtgeschehen Lapvonas, die durch ihren Fürsten Villiam regiert wird. Im besonderen Fokus steht der Junge Marek, Sohn eines Lammhirten, der aufgrund seiner „Missgestalt“ von den anderen Dorfbewohner gemieden wird. Mehr kann man vorerst nicht beschreiben, denn ich denke jeder Versuch, diese Geschichte nachzuerzählen, misslingt. Diese Brutalität muss man selbst gelesen haben, wenn man sich denn dafür interessiert. Und ein dickes Fell hat. Denn die Szenen die einem vor Augen geführt werden, vergisst man nicht so leichte – ich zumindest nicht. Es gab genug Momente, an dem ich das Buch zur Seite stellen und nicht mehr in die Hand nehmen wollte; dabei behaupte ich schon von mir, dass ich auch groteske Angelegenheiten gut verkraften kann. Schließlich habe ich doch weitergelesen, denn Moshfegh schafft es zwischen diesen abscheulichen und faszinierenden Charakteren Konflikte zu schaffen, dass man einfach wissen MUSS, was aus ihnen wird. Wie in der Leserunde so treffend beschrieben wurde: Es ist wie bei einem Verkehrsunfall; man kann einfach nicht wegschauen.

Ottessa Moshfegh versteht das Schreiben und vor allem wie sie ihre Charaktere gegeneinander aufspielt, um psychisch vielschichtige Figuren zu schaffen.