Rezension

Nichts Halbes und nichts Ganzes

Das Buch der seltsamen neuen Dinge - Michel Faber

Das Buch der seltsamen neuen Dinge
von Michel Faber

Bewertet mit 2 Sternen

Dieses Buch lässt mich ratlos zurück. Irgendwo versteckt ist eine ziemlich gute Idee. Jede Menge Ansätze zu höchst Innovativem lassen sich erahnen. Nur konsequent durchgeführt werden sie nicht. 

Peter Leigh ist Pastor und wird für eine einzigartige Mission ausgewählt. Er soll auf dem Planeten Oasis, wo man gerade eine menschliche Kolonie errichtet, die Einheimischen zum Christentum bekehren. Eine einmalige Gelegenheit. Er ist der Mann, der Gottes Wort in den Weltraum tragen darf. Nur die Tatsache, dass er dafür seine Frau Bea auf der Erde zurücklassen muss, gefällt ihm gar nicht. 
Auf Oasis trifft er dann äußerst willige Aliens, die sich gerne bekehren lassen. „Das Buch der seltsamen neuen Dinge“ nennen sie die Bibel. Peter geht auf in seiner Mission und verliert die Bodenhaftung.

So weit ist die Idee ganz spannend. Der weitere Verlauf des Geschehens wirft dann Fragen auf, die nicht geklärt werden. Eine davon ist, was denn diese Aliens wohl mit massenhaft menschlichen Medikamenten anstellen, die sie gegen Nahrungsmittel tauschen. Ich habe auf eine Überraschung gewartet, die nicht kam.
Beispiele dieser Art gibt es viele, jede Menge Seltsamkeiten, die als lose Enden im Raum stehen bleiben.

Davon abgesehen hat man auch mit einer unglaublichen Weitschweifigkeit zu kämpfen. Peter zitiert gerne Bibelstellen, zweifelt, ringt, wartet auf Post von Bea. In nervtötend langen Monologen versucht er Gottes Willen zu ergründen. 

Beim Blick auf den höchst geheimnisvollen Klappentext wundert man sich nur noch im Nachhinein. Es scheint Gemüter zu bewegen, Herzen zu ergreifen, mich ließ es kalt. Den bewegenden „Abschiedsroman“ kann ich hier nicht finden, eher melodramatisches Gejammer eines Traumtänzers, der es gewohnt ist, dass seine Frau sich um sein Wohlbefinden kümmert und die ist nun mal nicht verfügbar. 
Man kann wohl vieles in dieses Buch hineinlesen. Für mich ist es noch am ehesten Kritik an religiösem Fanatismus, wenn Peter sich lieber um das Seelenheil der Aliens sorgt als auf die Hilferufe seiner Frau zu hören. Falls das das Ansinnen dieses Werks sein sollte, hat der Autor es zu zaghaft behandelt. So eine Botschaft müsste treffen und das Sujet bietet reichlich Ansatzpunkte, aber sie geht unter in zahlreichen Nebenschauplätzen und seitenlangem Geschwafel. 

Mich hat dieses Buch eher gelangweilt als bewegt. Es sieht hübsch aus, wirkt geheimnisvoll und bietet dann lauwarme Science Fiction mit massig Christlich-Philosophischem, einer Spur Dystopischem und schwülstigem Liebesleid. So gesehen ist es wahrhaft ein „genreloses Werk“. Nichts Halbes und nichts Ganzes könnte man auch sagen.