Rezension

Nichts ist schlimmer als Verrat aus den eigenen Reihen

Liebe ist gewaltig -

Liebe ist gewaltig
von Claudia Schumacher

Bewertet mit 5 Sternen

Juli ist die Tochter eines angesehenen Anwaltehepaares. Früher war sie eine Eisprinzessin, doch nach einer Verletzung musste sie den Sport aufgeben. Dank ihrer Intelligenz hat sie in der Schule gute Noten, ohne viel dafür tun zu müssen. Am liebsten würde sie jedes Tier retten, doch ihr eigenes Leben ist ihr nichts wert. Schon mit zwölf führte sie ein Selbstmordtagebuch.

Claudia Schumacher erzählt in ihrem Debüt wie es soweit kommen konnte. Zusammen mit zwei Brüdern und einer Schwester in einem „guten Haus“ aufgewachsen, machte Juli schon früh Bekanntschaft mit häuslicher Gewalt. Trotz blauer Flecken negierte die Mutter diese, dafür bekam sie die Gelegenheit, viel Geld für ihre Garderobe auszugeben.

Mit klopfendem Herzen habe ich Julis Entwicklung verfolgt und mich dabei gefragt, ob das, was Julis Mutter als Liebe bezeichnete, nicht reines Versagen ist. Der Vater, der ständig Höchstleistungen von seinen Kindern erwartet, kann seine Emotionen nicht kontrollieren. Kein Wunder, dass die Kinder möglichst schnell das Weite suchen. Trotzdem ist die familiäre Abhängigkeit so groß, dass es der erwachsenen Jules kaum möglich ist, eine Partnerschaft zu führen.

Das Buch ist in drei Lebensabschnitte aufgeteilt, in denen die Protagonistin jedesmal einen anderen Namen annimmt. Aus Juli wird Jules und später Julia. Im dritten Teil wechselt die Perspektive von der Ich-Erzählerin in die dritte Person. So wirkt es, als würde von einem völlig anderen Menschen erzählt. Doch es zeigt sich, dass sich die Vergangenheit nicht ablegen lässt.

Ein trauriges, aufrüttelndes Buch, das ich als Hörbuch – von Inka Löwendorf souverän eingelesen – genießen konnte. Es hat mich nachdenklich und erschüttert zurückgelassen.