Rezension

Nichts ist, wie es scheint

Der gute Hirte -

Der gute Hirte
von Cornelius Hartz

Bewertet mit 3.5 Sternen

Taifun Coban ist ein Spezialist des LKA Kiel und kennt sich insbesondere mit der Idenitfizierung unbekannter Toter aus. So landet er auch im Dorf Harmsbüttel, wo ein unbekannter Toter in einer Baugrube gefunden ist. Sein Ansprechpartner vor Ort ist der Dorfpolizist Wernersen - und die Zusammenarbeit zunächst mal gewöhnungsbedürftig: Coban findet den Beamten schlafend auf seiner Terasse statt auf dem Revier, Besprechungen finden gerne im Wohnzimmer der Wernersens statt, sprich: die professionelle Haltung lässt zu wünschen übrig. Doch nicht nur die. Wernersen neigt zu rassistischen Bemerkungen, schert Türken und Araber über einen Kamm und reagiert erst einmal befremdet auf seinen türkeistämmigen Kollegen.

Erfreulicher ist die Zusammenarbeit mit der Kollegin Fanta Braun, wobei die humorvolle Frau Coban fast zu gut gefällt, schließlich ist sie verheiratet. Allmählich wird deutlich, dass der Tote im Zusammenhang mit einem Jahre zurückliegenden Fall zu tun haben könnte. Damals kam bei einem Feuer ein eigenbrötlerischer Mann ums Leben. Was der Leser früher weiß als die Ermittler: Der Streich einer Jungenbande war gründlich schiefgegangen. Erst bei den Räumungsarbeiten wurde damals auch die Leiche eines Mädchens gefunden, das ein Jahr zuvor vermisst gemeldet worden war. Der Tote stellte sich im nachhinein als Entführer und Vergewaltiger heraus.

In einer anderen Erzählebene geht es um die damaligen Jungen, vor allem aber um das Schicksal eines Heim- und Pflegekindes, das sein ganzes Leben lang fast nur Demütigungen und Misshandlungen erfahren hat. Was macht das mit einem Menschen - und wer ist der Junge heute? 

In seinem Buch "Der gute Hirte" legt Cornelius Hartz viele Verdachtspuren. Als Leser weiß man zwar einiges, muss aber immer wieder die eigenen Vorstellungen revidieren. Das Rätselraten hält bis kurz vor Ende des Buches an, Persönliche Tragödien und Konflikte sind entscheidend, die Spannung ist eher psychologisch angelegt. Auch die Kulturunterschiede zwischen Großstadtmensch Coban und der eingeschworenen Dorfgemeinschaft tragen zum Reiz des Buches bei. Offenbar wird es nicht das letzte Mal sein, dass der Autor Taifun Coban ermitteln lässt.