Rezension

Nichts ist, wie es scheint

Die Erben von Snowshill Manor - Ingrid Kretz

Die Erben von Snowshill Manor
von Ingrid Kretz

Bewertet mit 5 Sternen

1805 England. Weil ihr Vater gegen ihre Liebe zum Gärtner Percy ist und sich einen adäquaten Umgang für seine Tochter wünscht, schickt Jonathan Satchmore seine Tochter, die 19-jährige Catherine, zu einer befreundeten adligen Familie ins Herrenhaus Snowshill Manor, wo sie als Gesellschafterin der unleidlichen Lady Martha Darabont fungieren soll, die ihr Dasein im Rollstuhl fristet. Dort lernt sie schnell das adelige Leben in Form gesellschaftlichen Verpflichtungen als Begleitung von Lady Martha kennen, die allerdings ständig an ihr herumnörgelt. Catherine bemerkt recht schnell, dass die Ehe von Lady Martha nicht gerade glücklich und auch Sohn Callum nicht gerade ein Ausbund an Tugend ist. Während ihres Aufenthalts auf Snowshill Manor erfährt Catherine auch von einem gut gehüteten Familiengeheimnis, dessen Spuren sie nachgeht und so auf einige überraschende Erkenntnisse stößt. Und sie lernt Gabriel Harrington kennen, den attraktiven Verwalter von Tulips Hall, der auf geheimnisvolle Weise mit den Darabonts verbunden scheint…

Ingrid Kretz hat mit „Die Erben von Snowshill Manor“ einen sehr unterhaltsamen und fesselnden historischen Roman vorgelegt, das den Leser von der ersten bis zur letzten Seite nicht mehr loslässt, bevor alle Geheimnisse gelüftet sind. Der Schreibstil ist flüssig, bildhaft und atmosphärisch dicht, der Leser wird in ein vergangenes Jahrhundert entführt und darf Catherine bei ihrem Abenteuer über die Schulter sehen. Packend und farbenfroh schildert die Autorin das Leben eines Adelshaushalts auf dem Land und gewährt dem Leser ebenso einen Einblick in die damaligen Vergnügungsveranstaltungen wie Bälle oder nachmittägliche Teestunden in der pulsierenden Metropole London, wobei man während der Lektüre wunderbare Bilder vor Augen hat und sich als Teil des Ganzen fühlt. Dabei hebt die Autorin auch die unterschiedlichen Gesellschaftsstrukturen hervor. Der Roman hat aber auch eine spannende Note, denn Catherines Neugier lässt einen auf die Jagd nach einem alten Familiengeheimnis gehen, das einige Überraschungen bereithält. Der christliche Aspekt ist in der Handlung sehr ausgewogen und passend eingesetzt. Kleine Gebete und Anrufe gehören ebenso dazu wie die Handlungen einiger Protagonisten, die von Nächstenliebe und gegenseitigem Respekt zeugen.

Die Charaktere sind liebevoll skizziert und wirken mit ihren sehr menschlichen Ecken und Kanten wunderbar lebendig und realitätsnah. Der Leser fühlt sich von Beginn an mit ihnen wohl und darf eine recht bunte Gesellschaft von Protagonisten erleben. Catherine ist für ihr Alter schon eine recht selbstbewusste junge Frau, die offen und respektvoll gegenüber ihren Mitmenschen ist. Sie wirkt im Einklang mit sich selbst, lässt sich durch Gott lenken. Gabriel ist ein charmanter Mann, der in seiner Arbeit als Verwalter aufgeht. Er ist ehrlich, fleißig und vor allem in jeder Lage hilfsbereit. Callum ist ein arroganter Mann, der meint, alles müsse sich um ihn drehen. Er ist machtgierig und egoistisch. Lady Martha ist eine kaltherzige Frau, die alles und jeden für ihr Schicksal verantwortlich macht. Sie ist eine unzufriedene und ungerechte Frau, die ihren Frust an anderen auslässt. Aber auch Vicky, Helen oder Lord Darabont drücken mit ihren Auftritten der Geschichte ihren Stempel auf und lassen sie rundum zu einem Lesevergnügen werden.

„Die Erben von Snowshill Manor“ vereint auf fesselnde Weise eine spannende Jagd nach einem Familiengeheimnis mit einer sich anbahnenden Liebesgeschichte vor historischer Kulisse. Einmal abgetaucht, kann der Leser sich von der Geschichte kaum lösen. Ein toller Schmöker mit Botschaft, absolute Leseempfehlung!