Rezension

Niederrhein Krimi

Im Schatten der Kopfweiden -

Im Schatten der Kopfweiden
von Anja Wedershoven

Bewertet mit 3.5 Sternen

Es ist wirklich kein guter Einstand für Kommissarin Johanna Brenner. Sie wurde von Berlin zurück an den Niederrhein versetzt, was in ihr keine unbedingt glücklichen Kindheits - und Jugenderinnerungen heraufbeschwört. Schon am ersten Tag wird in Geldern die Leiche einer jungen Kinderärztin gefunden und Johannas Art zu ermitteln, stößt auf Ablehnung und sie merkt, dass sie im Kollegenkreis nicht willkomen ist, aber unbeirrt hält sie an ihrer Arbeitsweise und ihren Alleingängen fest, auch wenn eine schwere Grippe sie zusätzlich ausbremst.

Der Fall ist nicht so klar, wie es auf den ersten Blick scheint, Feinde – außer ihrem Ex-Freund, der sie hartnäckig stalkt – scheint die junge Ärztin nicht gehabt zu haben. Oder ist der Vater eines kleinen Jungen, dem sie mit dem Jugendamt drohte, ausgerastet? Johanna ist jedenfalls keine Ermittlerin, die sich vom ersten Schein blenden lässt.

Der erste Krimi der Autorin überzeugt mit einem vielschichtigen und psychologisch ausgefeilten Plot. Sie lässt den Leser die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven erfahren. Eine der starken Stimmen ist die junge Leonie, ein Teenager, der viel zu früh viel zu viel Verantwortung für die Familie übernehmen muss und in der sich Johanna in einigen Facetten wiederzuerkennen glaubt. Auch Johanna Brenner, die nicht ganz freiwillig Berlin verlassen hat, bringt mit ihrer etwas störrischen Persönlichkeit, hinter der sich auch Unsicherheit verbirgt eine weitere Erzählebene ein. Dann noch Kollege Axels Gedanken, die viel um sein chaotisches Privatleben zwischen Vaterpflichten und Musikerhobby kreisen. Oft genug ist er vom Fall abgelenkt. Für meinen Geschmack ist damit der Krimi mit den ganzen privaten Problemen der Ermittler überladen geraten. Sicher gehört Privates auch dazu, besonders wenn die Protagonisten eingeführt und ihre Charakter gezeichnet werden. Aber hier war es mir zu viel und zu dominant.

Ganz geschickt führt Anja Wedershoven ihre Leser durch die Geschichte, immer wieder gibt es eine Wendung, die den Fall in neuem Licht zeigt und dadurch die Spannung auch hoch hält. Die Auflösung fand ich gelungen, hatte aber schon eine Ahnung was Motiv und Täter betraf.

Der Schreibstil gefiel mir gut, das Buch liest sich flüssig, die Dialoge waren lebendig und wirkten echt. Wäre das Privatleben der Ermittler nicht ganz so problemüberladen gewesen, hätte mir der Krimi noch besser gefallen.