Rezension

Nix Besonderes am Dystopiehimmel

Godspeed, Die Reise beginnt - Beth Revis

Godspeed, Die Reise beginnt
von Beth Revis

Bewertet mit 3 Sternen

Inhalt:
In einer nicht allzufernen Zukunft auf der Erde tobt eine schlimme Wirtschaftskrise, die Ressourcen werden knapp. Die Menschen bauen ein riesiges Raumschiff, das ausgewählte Personen auf einen weit entfernten Planeten bringen soll. Die Reise ist 300 Jahre angelegt, der Kurs vorgegeben, und die Menschen, die sich für diese Reise freiwillig zur Verfügung gestellt haben, werden eingefroren, um bei Ankunft auf dem neuen Planeten aufgetaut zu werden, um die neue Heimat zu besiedeln. Es sind jedoch auch weitere Personen an Bord, mehrere Tausend, die auf diesem sog. Mehrgenerationenschiff leben, denn das Schiff muss ja auch gewartet und eventuelle Pannen behoben werden. Soweit, sogut. Amy ist eine dieser tiefgefrorenen Personen, denn ihre Eltern haben sich freiwillig zu diesem Abenteuer gemeldet und Amy möchte sie begleiten. Doch dann passiert das Unfassbare: Amy wird zu früh aufgetaut, nach 250 Jahren erwacht sie, als einzige. Und sie findet auf dem Schiff eine völlig krude Situation vor: Die Besatzung, bestehend aus etwa 3000 Menschen, wird von dem sogenannten Ältesten regiert. Es gibt die Versorger, die Nahrung produzieren, einige Techniker, die sich um das Schiff kümmern, und den Schiffsarzt inkl. Krankenschwestern. Der Älteste hat wiederum einen Junior als Lehrling, der nach dem Ältesten die Amtszeit übernimmt. Als weitere Leute aufgetaut werden und sogar sterben, müssen Amy und Junior alles daransetzen, den Mörder zu finden, denn vielleicht stehen ja auch Amys Eltern auf der Todesliste ...
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Meinung:
Auf dieses Buch passt vor allem ein Wort sehr gut: unausgegoren! Die Grundidee ist an sich ja ziemlich interessant, aber die Umsetzung stimmt hinten und vorne nicht. Viele Sachverhalte erschließen sich mich nicht oder sind unlogisch:
Zunächst diese Sache mit den ca. 3000 Menschen an Bord, die Landwirtschaft betreiben. Tatsache, es gibt Felder, Weiden, Kühe und andere Tiere. Sorry, wie soll das denn in einem hermetisch abgeschlossenen System funktionieren??
Dann gibt es noch die ominösen Techniker, die offenbar ganz wichtig für das Schiff sind, aber nie wirklich in Erscheinung treten.
Amy als Protagonistin deckt natürlich weitere abstruse Dinge auf dem Schiff auf, z.B. die Versorgung der Menschen mit einer emotionshemmenden Droge, die Tötung alter Menschen, Genmanipulationen von Mensch und Tier, das Verbot von Bildung usw. Ok, mir ist schon klar, dass hier ein dystopisches Gesellschaftssystem kreiert werden soll, aber das ist alles so dermaßen konstruiert! Auch wenn der Großteil der Passagiere unter Drogen steht, müssen doch die übrigen "scharfsinnigen" Menschen etwas mitkriegen, z.B. die Techniker oder die Krankenschwestern. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass nie jemand gegen diese Manipulationen rebelliert hat.
Überhaupt erscheint mir diese Genmanipulation sehr simpel angewendet zu werden. Geben wir mal ein paar Spritzen, und dann wird sich der gewünschte Effekt schon einstellen. kopfschüttel Auch die Tatsache, dass alle Rassenunterschiede wegge"züchtet" wurden, ist merkwürdig. Geht das innerhalb von 2 Jahrhunderten?
Was mich weiterhin stört, sind die Begründungen für das diktatorische System, z.B. die Aussagen des Ältesten, dass vor allem Ungleichheit die Ursache von Unfrieden ist. Was wurde also gemacht? Rassenunterschiede beseitigt, gleiches (nicht vorhandenes) Bildungsniveau, keine großen Emotionen. Ja, und was ist mit dem Unterschied zwischen Mann und Frau??? Das ist doch die größte Differenz überhaupt - diese wird jedoch gar nicht thematisiert. Na, vielleicht schon im Rahmen der Paarungszeit, aber das ist auch so eine unausgegorene Sache.
Na ja, so könnte ich noch einige weitere Punkte aufzählen ...
Kommen wir zu den Charakteren. Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Amy und Junior erzählt. Da die Kapitel sehr kurz sind (nur jeweils ein paar Seiten), wechseln sich die Perspektiven sehr schnell ab. Nun sind die beiden Charaktere auch nicht sonderlich detailliert ausgearbeitet, eher oberflächlich und austauschbar. Ich wusste auf manchen Seiten gar nicht mehr, welche Perspektive gerade "dran" war ...
Leider gibt es auch in meinen Augen keine interessanten Nebencharaktere, nicht einmal den Ältesten, den ich im Übrigen nicht mal als so diktatorisch empfinde, wie er immer sein soll. Er tut halt, was er für nötig hält, um die Mission sicher ans Ziel zu bringen., es geht ihm nicht um persönlichen Machtzuwachs.
Die Aufklärung der Morde ging dann relativ schnell vonstatten und war auch für mich relativ vorhersehbar, ebenso die Identität von Orion.
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Fazit:
Trotz eines lockeren, flüssigen, aber auch recht simplen Schreibstils konnte mich dieses Buch nicht überzeugen. Unausgegorenen story, flache Charaktere, arg konstruiertes Gesellschaftsystem, das im Detail unstimmig war. Der 2. Teil soll ja laut den Rezensionen besser sein, aber ich weiß nicht, ob ich mir den noch geben soll.
2,5 von 5 Sternen.

Und übrigens: Wer auf der Erde würde sich denn auf so ein Schiff begeben mit dem Wissen, dass er dort sterben wird - ebenso seine Kinder und Kindeskinder??