Rezension

Nix halbes und nix ganzes

Waisen - Das Ende ist erst der Anfang - Roberto Recchioni

Waisen - Das Ende ist erst der Anfang
von Roberto Recchioni

Bewertet mit 2.5 Sternen

Inhaltszusammenfassung oben reicht aus, um den gesamten ersten Band von Waisen zusammen zu fassen.
Die Hauptcharaktere wirken wie kopierte Stereotypen aus Actionfilmen/Games, der gesamte Plot irgendwie unmotiviert und lasch:
Man erfährt wenig über die Charaktere und warum sie so sind, wie sie sind, lediglich kleine Flashbacks zum Angriff auf die Erde, wobei dort mehr auf die Gesamtsituation eingegangen wird, als auf die Charaktere (hat was, bringt aber nichts für die eigentliche Geschichte); besonders was die beiden Projektleiter angeht, hätten ein paar mehr Informationen über deren Hintergrund/Befehle/irgendetwas wirklich gut getan, es gibt lediglich wenige nebulöse Andeutungen, die aber auch alles und nichts bedeuten können.
Was allerdings enorm heraus sticht, sind die wiederkehrenden Zweifel des Ausbilders, der immer erneut sagt, wie sehr sie alle dafür in der Hölle landen oder etwas in der Richtung; er tut aber trotzdem in soldatischer Pflichterfüllung nichts weiter dagegen.
Die Mitglieder der Gruppe hingegen hinterfragen nichts, machen stur alles, was man ihnen sagt und besteht aus klassischen Typen: Wir haben den Draufgänger, den Denker, den Ungeschickten, die Schwache und zu guter letzt die rachegetriebene Listige. Der Rest ist unwichtig oder ist irgendwo in einer Mischmenge.

Auch die Plausibilität des ganzen Drumherums lässt zu wünschen übrig: In Plot I, in dem die Kinder ihre Ausbildung beginnen, ist die halbe Welt kaputt, in Plot II, in der sie einen Einsatz als Erwachsene durchführen, verfügt die Menschheit über interstellare Reisemöglichkeiten in Form von riesigen Raumschiffen, nach maximal 10 Jahren minus die Flugzeit, die anscheinend recht lang war (Stasekammer der Reisenden)? Respekt. 
Ähnlich unlogisch scheint mir auch der Angriff auf den fremden Planeten: Die Waffe, mit der die Erde beschossen wurde, soll von dort abfeuert worden sein. Okay, akzeptiert. Dass er durch Zufall erdähnlich ist? Verkraftbar. Aber selbst die USA würden nicht auf dem Planeten landen und auf das erste Wesen, dass sich ihnen zeigt, wahllos los schießen. Ob es sich um Zivilisten handelt oder nicht, egal, einfach drauf, sie sind am Ort des Verbrechens, also sind sie automatisch schuldig, was auch niemanden wirklich interessiert, denn deren Verteidigung wird als Beweis genug gewertet. Aha.
Und warum diese Wesen zufällig enorme Ähnlichkeit mit dem Tier haben, dass die Eliteeinheit am ersten Tag ihrer Ausbildung attackiert hat, fällt dort auch niemandem auf (und wenn das Zufall ist, wundert es mich, dass es den Machern nicht aufgefallen ist)? Wo doch gerade der Bruder eines ihrer Mitglieder von ihm getötet wurde? Mhh... alles etwas fragwürdig

So, genug gemeckert, ein paar positive Punkte hat das ganze dennoch:
Wie oben erwähnt, der Ausbilder stellt an manchen Punkten die richtigen Fragen (moralische Perspektive), die nicht beantwortet werden und auf die er besser selber keine Antwort haben möchte, es aber anscheinend noch werden, denn die Andeutungen machen klar, dass da mehr hinter steckt und wenn es nichts großes ist, hätte sich niemand die Mühe gemacht, sie einzubauen. 
Die Kampfdarstellungen haben etwas, da fällt mir nur der Begriff "Badass" ein, ist sicher so gewollt, aber mir gefällt es; 
ebenso verhält es sich mit dem derben Humor innerhalb der Kampftruppe, das ist auch ganz nach meinem Geschmack.
Und zu guter Letzt: Die Zeichnungen. Die sind meiner Meinung nach auf einem hohen Niveau, sehr hart, passend zum Setting, dabei gerade so detailliert, dass man nichts vermisst, aber auch nicht überladen wird mit Informationen. Die Colorierung passt enorm gut dazu, meistens gibt sie dem ganzen etwas Düsteres.

Fazit: Bescheidener Einstieg mit vereinzelten Lichtmomenten. Band 2 werde ich mir noch besorgen, es soll ja laut dem Interview mit den Autoren im Anhang deutlich mehr Informationen geben, die den Hintergrund klar machen. Ich hoffe es mal, könnte durchaus was draus werden, wenn man dem ganzen einen vernünftigen Hintergrund gibt.