Rezension

Noch nie hat Cinderella in einer solchen Welt gelebt

Die Luna-Chroniken 01: Wie Monde so silbern - Marissa Meyer

Die Luna-Chroniken 01: Wie Monde so silbern
von Marissa Meyer

Bewertet mit 5 Sternen

Kennt ihr das, wenn richtig tolle Bücher einfach über Monate hinweg an euch vorbei gehen? Mit der Luna-Chronik ging es mir genauso. Auf Jess‘ Blog habe ich immer die tollen Cover der englischen Ausgaben bewundert. Nachdem ich allerdings so ungern englisch lese, hab ich mir über das Thema gar keine großen Gedanken mehr gemacht. Und natürlich kannte ich auch die deutschen Ausgaben vom Carlsen Verlag. Die sind wirklich hübsch, aber nachdem die Umschlaggestaltung so gar keinen Rückschluss auf den Inhalt zulässt, war da mein Interesse immer noch nicht geweckt. Erst als ich die Verknüpfung bemerkte, war ich Feuer und Flamme.

Der Inhalt

Cinder lebt bei ihrer Stiefmutter und ihren zwei Stiefschwestern, arbeitet als Mechanikerin und versucht gegen alle Widerstände, sich nicht unterkriegen zu lassen. Als eines Tages in unauffälliger Kleidung niemand anderes als Prinz Kai an ihrem Marktstand auftaucht, wirft das unzählige Fragen auf: Warum braucht Kai ihre Hilfe? Und was hat es mit dem plötzlichen Besuch der Königin von Luna auf sich, die den Prinzen unbedingt heiraten will?

Die Ereignisse überschlagen sich, bis sie in dem großen Ball, auf dem Cinder sich einschmuggelt, ihren Höhepunkt finden. Und diesmal wird Cinder mehr verlieren als nur ihren Schuh …
[ Quelle: Carlsen ]

Meine Meinung

Cinder lebt in einer Zukunft, die sich von unserer Welt merklich unterscheidet. Künstliche Intelligenz und Roboter gehören genauso auf die Straße wie „normale“ Menschen. Cinder selbst besteht zu großen Teilen aus mechanischen und elektrischen Bestandteilen, die ihr eingepflanzt wurden, um sie am Leben zu erhalten. Gemeinsam mit ihrer Stiefmutter und ihren beiden Stiefschwestern lebt sie in einer kleinen Wohnung und versucht, sich und die Familie durch die Arbeit in der Werkstatt über Wasser zu halten.

Eines Tages betritt niemand anderes als Prinz Kai ihre kleine schmutzige Werkstatt, um eine Androidin zur Reparatur zu bringen. Die beiden sind sich, trotz ihrer unterschiedlichen sozialen Schichten, sofort sympathisch und Prinz und Mechanikerin freunden sich an. Doch plötzlich fangen die Ereignisse an, sich zu überschlagen. Cinders Schwester erkrankt plötzlich schwer und auch Cinder scheint sich angesteckt zu haben. Und dann ist die ganze Stadt auch noch in Aufruhr, weil die Königin von Luna der Erde seit Ewigkeiten den ersten Besuch abstattet…

Wie Monde so silbern ist eine Märchenadaption zu Cinderella (oder wie es bei uns im Schwabenland heißt: Aschenputtel). Hinzu kommt natürlich die Si-Fi-Komponente. Das hört sich erst einmal abenteuerlich an und im Grunde ist es das auch. Und ehrlich gesagt war ich wirklich skeptisch zu Beginn des Buches. Und man muss auch mal überlegen: wenn man sein Leben lang eine Leseratte ist, dann fangen die Geschichten irgendwann an, sich zu wiederholen, bekannt zu erscheinen oder nichts Neues mehr zu liefern. Doch Marissa Meyer kommt hier mit einer ganz neuen Idee um die Ecke, indem sie das Bekannte mit dem Neuen verbindet.

Die Parallelen zu Cinderella sind auf den ersten Blick nicht wegzudiskutieren, doch Marissa Meyer weicht auch an vielen Stellen krass von der Märchenvorlage ab. Sie kopiert nicht eine fremde Geschichte, sondern bastelt sich aus den besten Komponenten eine ganz eigene Idee. Je weiter die Geschichte voranschritt, desto mehr setzte sie sich von der Vorlage ab. Doch schon zu Beginn grenzt sich die Idee ab, etwa in dem es zwar zwei Stiefschwestern gibt, Cinder sich allerdings mit einer der beiden wirklich gut versteht.

Die Autorin überzeugt aber nicht nur mit einer einzigartigen Idee, sondern punktet eigentlich auf ganzer Linie. Langsam wird man als Leser in die dystopische Welt eingeführt, in der sich alles abspielt. Und erstaunlicherweise hatte ich alles sofort direkt vor Augen und konnte mir die Umgebung und das Setting bildlich vorstellen. Die Atmosphäre war quasi greifbar.

Auch die Charakterzeichnung ist beispiellos. Cinder hat ihre Ecken und Kanten, ist bei weitem nicht perfekt und trotzdem sehr sympathisch. Trotz meiner Befürchtungen wurde die Klischeekiste hier verschlossen gelassen. Durch ihre Vorgeschichte bekam Cinder außerdem eine interessante Tiefe verpasst, die sie über die komplette Länge des Buches etwas geheimnisvoll werden ließ.

Den Prinzen empfand ich dagegen als etwas blass, was mich komischerweise aber gar nicht gestört hat. Er war eben der typische Märchenprinz, wenn auch etwas an die „modernere“ Zeit angepasst. Doch immer noch ist er der wohl bestaussehendste Junggeselle, der in der Stadt rumläuft und wird natürlich von den Mädels umschwärmt wie das Licht von den Motten. Und selbstredend ist er nett, zuvorkommend und auch sonst Everybodys Darling. Er hebt sich kaum durch ausbrechende Charaktereigenschaften vom klassischen 08-15 Prinzen ab, allerdings tut dies der Geschichte wirklich keinen Abbruch.

Was einen perfekten Spannungsbogen angeht, da kann man nur sagen, dass Marissa Meyer hierfür wirklich ein gutes Händchen hat. Zunächst führt sie ihren Leser in die neue dystopische Welt ein und erklärt, wie die Dinge dort laufen. Gleichzeitig kommt die Geschichte in Gang, wodurch man einen sehr angenehmen Einstieg ins Buch hat. Je weiter die Geschichte dann voranschreitet, desto spannender wird es auch. Das Tempo zieht nach und nach an. Und zum Schluss hin wird es dann wirklich so prickelnd, dass man das Buch kaum noch aus der Hand legen mag.

Die Gestaltung des Endes fand ich höchst interessant, weil es 1. ganz anders war als ich gedacht hatte und 2. darauf hinweist, dass Cinder in Teil 2 der Reihe nicht mehr im Mittelpunkt der Erzählung stehen wird, aber trotzdem weiterhin eine Rolle spielen kann.

Mein Fazit

Wenn man dieses Buch aufschlägt, weiß man gar nicht, was da auf einen zukommt. Ehrlich gesagt kann ich es auch jetzt nur schlecht beschreiben. Aber die Mischung macht es hier. Marissa Meyer bedient sich hier einiger beliebter Elemente und kombiniert sie auf grandiose Art und Weise. Man reist in eine komplett neue Welt und lässt sich von den Charakteren unglaublich schnell um den Finger wickeln. Auch wenn Cover und Klappentext nicht ganz aufschlussreich sind, so solltet ihr diesem Buch unbedingt eine Chance geben. Ich verspreche euch: es lohnt sich!!

 

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