Rezension

NSA

NSA - Nationales Sicherheits-Amt - Andreas Eschbach

NSA - Nationales Sicherheits-Amt
von Andreas Eschbach

Bewertet mit 5 Sternen

Helene Bodenkamp ist in den 1930er Jahren eine gute Schülerin, nur in den Haushaltsfächern zeigt sie sich nicht nur unwillig, sondern auch völlig talentfrei. Daher entscheidet sie sich für das Fach Programmieren, eine typische Frauenarbeit, ist das Erstellen von Programmen doch direkt vergleichbar mit dem Stricken nach Muster. Sie ist begabt und so bietet man ihr zum Ende der Schulzeit einen Job im NSA an, wo sie für die Analysten Abfragen erstellt und Daten aufbereitet. Bei der Entwicklung der Komputertechnik ist Deutschland führend und täglich werden Unmengen an Informationen über die Einwohner gesammelt – wenn diese ihr Handy benutzen oder bargeldlos bezahlen – die ausgewertet und für die Planungen und Sicherheit benutzt werden können. Lange Zeit sieht Helene ihre Arbeit unkritisch, bis ihr während des Zweiten Weltkrieges klar wird, dass die Statistiken, die sie erstellt, direkte Auswirkungen auf die Menschen haben und diese sogar in Lebensgefahr bringen können.

 

Andreas Eschbach hat ein heute realistisches Szenario – die globale Vernetzung und die quasi totale Überwachung der Menschen über das Internet und elektronische Geräte – in die Zeit der Nazi-Herrschaft verlegt. Ein interessantes Konstrukt, da er sich so von den gängigen Dystopien in diesem Themenrahmen unterscheidet und zudem noch viel realistischer die Auswirkungen der technischen Möglichkeiten herausstellen kann. Sehr überraschend für mich das Ende, das einen völlig unerwarteten Ausgang nimmt, der mich gänzlich unvorbereitet getroffen hat, wenn dieser auch im Rückblick konsequent angelegt war.

 

Die Figur Helenes kann den Roman leicht tragen. Dank ihrer Herkunft hat sie nicht nur Zugang zu höherer Bildung, sondern auch zu Wissen, das den Durchschnittsbürgern vorenthalten bleibt. Ihre zunächst eher unkritische Haltung wird durch persönliche Erfahrungen plötzlich auf die Probe gestellt und so mutiert sie zur Widerstandskämpferin im Kleinen, die das System unterwandert und doch zugleich stützt. Ihr Gegenspieler Eugen Lettke weist wenig positive Eigenschaften auf, kleinlich und rachsüchtig geht er seinen Weg und so hat man auch wenig Mitleid mit ihm als der Sturz droht.

 

Trotz der Länge des Romans bleibt die Handlung durchgängig spannend und wird wohldosiert mit neuen Ereignissen angetrieben. Eschbach hat die technischen Neuerungen, die historisch nicht existierten, überzeugend in den geschichtlichen Kontext integriert, so dass diese sich reibungslos einfügen und die Handlung authentisch wirkt. Es kann im Nazi-Regime keine Mächte-Gleichgewicht geben und doch sieht man, wie ein einziger Mensch einen Einfluss auf Entwicklungen haben und durchaus innerhalb seines Rahmens eine Gegenwehr erzeugen kann. Für mich ein runder Roman mit einer ausgewogenen Balance zwischen Spannung, Figurenentwicklung und dystopischen Elementen.