Rezension

Nur der gequälte Künstler schafft gute Kunst

Vincent - Joey Goebel

Vincent
von Joey Goebel

Bewertet mit 4.5 Sternen

Worum es geht:

Vincent ist zu Grossem geboren. Nachdem die Mutter früh sein künstlerisches Talent entdeckt, ergibt sich die Möglichkeit Vincent an eine Schule für Künste einzuschreiben. Hier wird ihm mehr als nur Kunst beigebracht. Im Alter von nur 9 Jahren bekommt trifft er seinen Manager, der eigens dafür da ist, darum zu sorgen, dass Vincent auch immer schön inspiriert und motiviert ist. Ein Künstler lebt und schafft aus Leid, heisst es doch. Und Harlan sind bei der Ausführung seiner Aufgabe keine Grenzen gesetzt.

Meine Meinung:

Meine Lieblingsband im Moment ist "Seafret", meine Lieblingsserie "Buffy", und mein je nach Gefühlslage variierender  Lieblingsfilm ist zurzeit, aber meistens, "Eiskalte Engel".
2004 erschien ein Buch im Diogenes Verlag, welches erst sehr viel später meine Aufmerksamkeit erregen sollte. Um 2010 herum wurde "Vincent" mir ein Begriff. Ausnahmslose jede Stimme liebte das Buch. Nochmal 6 Jahre sollte es dauern, bis ich das Buch in einem kleinen Laden in Wien erwarb. Nachdem es nun 2 Jahre in meinem Regal Staub angesammelt hat, habe ich mich entschlossen den Monat August dafür zu nutzen, ein paar Titel meines Diogenes-Subs zu lesen. Womit besser anfangen als mit dem Buch, das jeder liebt?
Ich hab schon paarmal hier und auch auf Instagram erwähnt, für neue Leser aber folgende Info: Ich hab ein Kunststudium hinter mir und habe wegen dessen auch sehr Neugierig auf die Entwicklung der Kunst in diesem Buch geschaut. Sollte es wirklich so "einfach" sein gute Kunst zu schaffen? Einfach den Künstler leiden lassen?
Ein Lehrer riet uns mal zu Drogen, habe Warhol schliesslich gut getan, um einfach mal zu sehen wie anders unsere Kunst dadurch werden würde. Joey Goebel geht allerdings weiter als Vincent bloss zu einem Joint zu raten.
Aus der Sicht Harlans wird Vincents Geschichte erzählt. Auf den ersten Blick scheint sich Goebel auch biografisch in Harlan und Vincent verewigt zu haben. Wollte er es als Musiker als auch Drehbuchautor versuchen, schaffte es letztendlich dann als Autor. Ob ihm ein ihn quälender Manager zu mehr verholfen hätte? 
Joey Goebel ist nicht glücklich über die momentane Medienlage. Wenn man bedenkt, dass das Buch 2004 erschien und ich ihm 14 Jahre später immer noch zustimmen kann, sind nicht sehr weit gekommen. Seit 10 Jahren beherrschen Marvelfilme die Kinos, Justin Bieber das Radio. Die mondiale Verblödung durch die Unterhaltungsmedien ist ein gefundenes Fressen für Joey. 
Lauthals habe ich mehrfach gelacht, dank Harlans trockener erzählweise. Vieles ist grenzwertig fies und sicherlich Geschmakssache. Ich bin ein zynischer Mensch und "Vincent" genau meine Wellenlänge, denke daher, dass allzu optimistische Menschen vielleicht nicht so viel Spass an der Lektüre haben werden. Zu übertrieben, zu vereinfachend. Was mir bereist bei "Ich gegen Osborne" auffiel kommt auch hier wieder hervor: Für Goebel gibt es nur Schwarz oder Weiss. Zumindest in seiner Literatur. Er vereinfacht sich die Welt indem er radikal bleibt in seiner Meinung. Schön veranschaulicht wird dies in der Szene einer Verhandlung von Vincents Drehbücher an einen Grosskonzern. Diese finden die Stories zu Intelligent und abgedreht für ihren Geschmack und schlagen Harlan vor, die Sachen doch einem Art House Studio zu präsentieren. Dieser verweigert, es muss ein Megastudio weil ansonsten die Aussage ja nicht rüberkomme. 
Was bei aller Quälerei Harlans deutlich wurde, zumindest mir, ist seine Liebe zu Vincent. Er glaubt ernsthaft dem Jungen etwas Gutes damit zu tun, im Sinne von  seine Arbeit zu verbessern und dafür zu sorgen, dass Vincent dank seiner Kunst unsterblich wird. Das Publikum etwas ordentliches geboten kriegt. Erst auf Wunsch seiner Liebsten und als Vincent einen drastischen Schritt zu weit geht, beginnt Harlan über sein Handeln nachzudenken und kommt an den moralischen Punkt damit aufhören zu wollen. 
Neben Harlan und Vincent sind mir die Nebenfiguren zu blass aufgetreten. Ebenso schnell sind sie vergessen, wenn nicht gerade in einer Szene erwähnt. 
Ob Goebel seinen Angriff auf die modernen Medien durch Vincents Beiträge nun gelungen ist, ob Vincents Ergüsse originell genug waren etwas zu ändern, darf jeder für sich selbst herausfinden. 
Fazit zu dem Buch, dass mir gefühlt jeder ans Herz legte? Das jeder als sein Lieblingsbuch betitelte? Mir persönlich fehlte das i-Tüpfelchen. Wurde ich zwar unterhalten und habe die Lektüre genossen, fand ich letztendlich dennoch, dass ich kaum emotional involviert war.