Rezension

Nur drei von fünf von Omas gefüllten Teigtaschen

Schallplattensommer -

Schallplattensommer
von Alina Bronsky

Alina Bronsky hat eine Erzählnische gefunden, in der ihr keiner etwas vormacht: Großmütter und ihre Nachkommen. Diesmal ist es mehr die junge Maserati, um die sich eine Sommergeschichte entwickelt, weniger die Oma, auch wenn es diese freilich gibt: In ihrem Imbiss schuftet die sechzehnjährige Maserati, weil sie den Dämonen ihrer Vergangenheit entfliehen will und wegen ihres schwierigen Charakters eben nicht anders kann. Maserati ist störrisch, dickköpfig, selbstgerecht – und verletzt. Alles ganz normal also, auch wenn „ganz normal“ nicht so gut klingt.

Die Coming-of-Age-Geschichte, die hier erzählt wird, ist allerdings ganz normal, auch wenn die Mutter Maseratis, aus deren Fehltritten der ganze Konflikt der drei Frauengenerationen der Familie entspringt, nicht stinknormal ist: Sie ist irgendeine große Berühmtheit.

„Irgendeine“ und „ganz normal“ sind also das Level dieser Sommergeschichte, in die noch zwei unterschiedlich geratene Cousins (Casoar und Theo) mit jeweils eigenen, irgendwelchen und stinknormalen Problemen hinzustoßen und die Ménage-à-trois komplettieren, die es in Sommergeschichten braucht.

Die Spannung des Romans wird durch die Erzählweise erzeugt: Während die Figuren nämlich die ganze Zeit wissen, w3elche Probleme sie haben und warum sie so oder so auf bestimmte Situationen reagieren, wird und als Leser die Information bis nach der Hälfte des Buches vorenthalten. Klar war ich gespannt, was es mit Maseratis Mutter und ihrem selbstgewählten Rufnamen auf sich hat, Aber genauso klar ist: ich will als Leser doch nicht künstlich unwissend gehalten werden. Das funktioniert nur auf der Figurenebene: Wenn konsequent aus Maseratis Sicht erzählt wird, dann haben sie und ich als Leser die ganze Zeit keinen Schimmer, welchen bekannten Papa Caspar besitzt, bis er es uns beiden erzählt. Ich muss mir also nicht dumm vorkommen. Wenn aber aus Maseratis Sicht erzählt wird, wie sie sich mit ihrer Oma um die alten Geschichten zankt, dann stehe ich absichtlich uninformiert daneben. Das finde ich blöd; in Unterhaltungen wende ich mich in solchen Augenblicken ab und gehe.

Glücklicherweise hat Bronsky eine schöne und unterhaltsame Erzählstimme, die mich bei der Stange hielt. So lang ist der Roman auch wieder nicht (wie keiner der Autorin), und außerdem wartete ich freilich auf die großmütterlichen Ungeheuerlichkeiten, für die Bronsky sich bekannt gemacht hat. Tonfall und Lektüre erinnern an vorherige Werk der Autorin, und die ließen sich ebenfalls gut lesen, waren allerdings besser konstruiert als dieser Band.

Diesmal nur drei von fünf von Omas gefüllten Teigtaschen.