Rezension

Nur ein mittelmäßiger Roman über das Flüchtlingsleben

Drei sind ein Dorf - Dina Nayeri

Drei sind ein Dorf
von Dina Nayeri

Bewertet mit 3 Sternen

Die trübe Atmosphäre eines Herzens

„Wenn du es schaffst, das erste große Glücksgefühl nach der langen Migration loszulassen, wenn du darauf vertraust, dass du auch in einem Jahr oder einem Jahrzehnt noch immer du sein wirst, auch ohne die Schätze, die du unterwegs gesammelt hast und die immer noch mehr werden können – wenn du aufhörst, das alles auf deinem Rücken zu tragen-, vielleicht ist das der Moment, in dem die Flüchtlingsjahre enden.“

 

Inhalt

 

Nilou, ihr kleiner Bruder Kian und ihre Mutter sind aus dem Iran geflohen und lebten lange Zeit als Flüchtlinge: geduldet aber nicht willkommen, beäugt aber nicht gesehen und letztlich ziemlich arm und bescheiden. Nilou wendet sich mit ihrem ganzen Ehrgeiz der Integration zu, lernt die Sprache, besucht Schulen, später die Universität und findet einen Mann, der sie liebt. Mit 30 ist ihr klar, dass die iranischen Wurzeln längst nicht mehr so tief reichen wie früher, nun ist es eher eine Art Sehnsucht, wenn sie Farsi hört, oder Kurkuma schmeckt oder lange Geschichten über die Last und Bürde der Immigration hört.

Nur ihr Vater, der Zahnarzt Bahman Hamidi, ist in ihrem Heimatdorf zurückgeblieben, hat zwischenzeitlich noch zweimal geheiratet und sucht immer wieder den Kontakt zu seinen beiden ältesten Kindern. Viermal haben sie sich getroffen, nachdem Nilou den Iran verlassen hat und immer wieder bringt ihr Vater das Leben von früher zurück, ihre Kindheit, die aktuelle Lage im Land und sein Wunsch, vielleicht doch eines Tages gemeinsam mit seiner ersten Familie ein anderes Leben zu beginnen

. Anfangs mag Nilou, den für sie fremden Mann nicht wahrhaben, als Vater hat er ihres Erachtens versagt und als Mann trägt er zu viele Laster mit sich herum. Doch seine Geister überschatten immer mehr ihr eigenes Leben und sie fragt sich, was ihr eigentlich fehlt? Warum findet sie in ihrem doch so perfekten Leben keine Freude? Bahman kennt eine Antwort darauf und versteht Nilou besser, als sie glaubt …

 

Meinung

 

Auf diesen Roman der iranischen Autorin Dina Nayeri bin ich in erster Linie durch die positiven Leserstimmen aufmerksam geworden. Der Text hat autobiografische Parallelen, denn sie selbst ist in jungen Jahren aus der Heimat geflohen und hat sich in der Fremde ein neues Leben aufgebaut. Doch meine hohe Erwartungshaltung konnte das Buch leider nicht erfüllen. Denn obwohl die Thematik hinreichend spannend ist und mir die Problematik der verlorenen Heimat bereits in diversen Romanen begegnet ist, fehlte mir hier in erster Linie der rote Faden.

„Drei sind ein Dorf“ wirkt auf mich sehr gewollt, mit einer Vielzahl wichtiger und diskussionsfähiger Ansätze, die sich dann aber immer wieder in alle Winde zerstreuen und mich nie ganz erreichen konnten. Fast so als würde man die losen Enden vor sich sehen und sie nach besten Gewissen zusammenführen, nur um dann wenig später festzustellen, dass es diese Intonation gar nicht haben sollte – das ist mühselig, fast anstrengend und bringt nicht den gewünschten Erfolg. Größtenteils ist der Roman langatmig, fast langweilig und verschenkt sein großes Potential.

Sehr positiv hingegen der sprachliche Aspekt – durchaus anspruchsvoll aber immer verständlich und sehr intensiv. Die Gefühlswelt der Protagonistin und auch ihr Charakter wirken sehr authentisch, ihre Familie, insbesondere der Vater, wird plastisch beschrieben und man kann die Charakteristik der handelnden Personen sehr gut nachvollziehen.

Doch auch hier bleibt die Distanz zwischen der echten und der beschriebenen Nilou bestehen. Es fiel mir beispielsweise schwer, nachzuvollziehen, warum die junge Frau, zwar objektiv betrachtet ein geordnetes westliches Leben führt und dieses auch immer wieder preist und sich dennoch nicht von ihrer Heimat lossagen kann. Aber nicht etwa, weil sie unfreiwillig gegangen ist, sondern nur, weil andere Flüchtlinge sie an ihr eigenes Schicksal erinnern. Auch ihr Vater, der sie in seinen Verhaltensweisen erschreckt, ist es, der sie plötzlich zum Innehalten zwingt – wohlgemerkt ohne ein besonders liebevolles Verhältnis zueinander, er ist ihr doch eigentlich sehr fremd.

 

Fazit

 

Ich vergebe mittelmäßige 3 Lesesterne für diesen Roman über eine schwierige Vater-Tochter-Beziehung und der Sehnsucht nach Heimat und Zugehörigkeit. Ein stetiges Auf-und Ab der Gefühle, eine eigenwillige Erzählstimme, viele kulturelle Aspekte aber schlicht und einfach eine fehlende Gesamtaussage lassen mich an der Geschichte zweifeln. Es fällt mir hier schwer, die wichtigen Dinge herauszufiltern, alles verliert sich zwischendurch und bleibt nur schwach in Erinnerung. Trotzdem glaube ich, dass es Leser gibt, die hier genau das finden, was sie suchen, nur irgendwie war die Story nicht meins. Deshalb kann ich die Lektüre durchaus empfehlen, es ist vielleicht nur eine Frage der Perspektive. Traurig, berührend und mit einem wahren Kern ist sie definitiv ausgestattet.