Rezension

Oberflächlich und episodenhaft

Die Schlange von Essex - Sarah Perry

Die Schlange von Essex
von Sarah Perry

Bewertet mit 2 Sternen

London 1893: Nach dem Tod ihres despotischen Ehemannes genießt Cora Seaborne ihre neugewonnene Freiheit und reist mit ihrem Sohn in den Küstenort Aldwinder. Dort soll die jahrhunderte alte mystische "Schlange von Essex" erneut Angst und Schrecken im Fluss verbreiten. Die naturwissenschaftlich interessierte Cora betrachtet dies als willkommene Herausforderung und sieht bereits ihr Namensschild im Naturhistorischen Museum nebst der von ihr gestellten Schlange prangen. Vor Ort trifft sie auf Will Ransome, den örtlichen Pfarrer, welcher derweil Mühe hat, seiner Gemeinde den Aberglauben um das Seeungeheuer auszutreiben. Cora und Will entdecken schnell eine magische Anziehungskraft zwischen sich, obwohl sie durch Naturwissenschaft und Kirche in ihren Ansichten regelmäßig aneinander geraten...

 

Zugegeben, bis hierhin klingt die Beschreibung erstmal ganz interessant, vor allem in Kombination mit dem wunderschön gestalteten Cover bzw. der gesamten Aufmachung mit strukturiertem Einband und Lesebändchen. Auch der Hinweis auf den Britischen Buchpreis 2017 lässt viel erhoffen. Zu Beginn liest sich der Roman auch noch ganz angenehm - doch alles in allem wurde ich von dem Buch sehr enttäuscht: Es gibt keine wirklich angeregten Dialoge zwischen Cora und Will, zwischen Naturwissenschaft und Kirche. Auch eine Liebesgeschichte zwischen den beiden beschränkt sich auf holprige Andeutungen in Briefform, da Will als Ehemann und Vater natürlich seiner Familie treu bleiben muss, wenn auch nur körperlich. Es kommen viele wichtige und unwichtige Personen vor, der Roman vermeidet jeglichen Tiefgang, dümpelt vielmehr an der Oberfläche herum wie ein toter Fisch. Ein Sammelsurium verschiedenster Haupt- und Nebenhandlungen lässt den roten Faden der Geschichte zudem manchmal wie einen Wollpompom erscheinen, teilweise wurden die Personen des Romans sogar wie auf einer Liste jeweils mit ein paar Sätzen regelrecht abgehakt. Und ob die Schlange von Essex nun das war, was letztlich zum Ende des Roman am Ufer aufgefunden wird - oder vielleicht doch die Schlange der Verführung, welche in Form von Cora ins Dorf kam und dem Pfarrer den Kopf verdrehte - darüber mag jeder selbst urteilen.

Wer einen episodenhaften Einblick in das damalige, viktorianische England erhalten möchte, wird hier wohl das ein oder andere Interessante für sich entdecken, sei es nun der Fortschritt der Medizin oder der soziale Wohnungsmarkt. Wer einen Roman über eine naturwissenschaftlich interessierte Frau mit gewissem literarischen Tiefgang erwartet sollte seine Erwartungen hingegen nicht allzu hoch ansetzen. Ich hatte derlei Erwartungen - und mir gefiel das Buch nicht.