Rezension

Oberflächlich und wenig überzeugend

Die Frau des Gouverneurs - Michael Wallner

Die Frau des Gouverneurs
von Michael Wallner

Bewertet mit 1.5 Sternen

Inhalt:

Eine hingebungsvolle Liebe. Gegen alle Widerstände. Wider alle Vernunft.

Lübeck 1928: Christian Tolmein, ein vielversprechender junger Chemiker, ist mit Carlotta Dücker, der Tochter des Inhabers eines großen Stahlwerks, verlobt – eine Beziehung, die mehr auf hanseatischem Pragmatismus und Vernunftgründen basiert als auf tiefer Leidenschaft. Beide schätzen einander und fühlen sich freundschaftlich zueinander hingezogen, und beide glauben, das sei schon Liebe.

Christian ist nicht besonders begeistert, als er seine Verlobte nach Kuba begleiten soll, um dort für die Dückerschen Stahlwerke den Zugang zu den Nickelvorkommen in der Gegend von Santiago zu erschließen. Das Nordlicht Christian leidet auf der Karibikinsel unter der schwülen Hitze, dem täglichen Leerlauf und den steifen gesellschaftlichen Verpflichtungen, die ihre ökonomische Mission mit sich bringt. Doch dann begegnet er eines Tages Yamilé, der Frau des Gouverneurs von Santiago.

Yamilé ist eine selbstbewusste Frau mit einem rebellischen Geist, die große Sympathien für die entrechteten Minenarbeiter und Bauern in der Region empfindet. Christian ahnt nichts davon; für ihn ist sie nur eine faszinierend widersprüchliche Frau: verletzlich und stark zugleich. Wider alle Vernunft verliebt er sich in kürzester Zeit in sie. Blind vor Liebe, will er nicht wahrhaben, dass er leichtsinnig alles aufs Spiel setzt, was sein bisheriges Leben ausgemacht hat. Und doch weiß er im Innersten: Manchmal muss man alle Brücken hinter sich einreißen, wenn man sein wahres Glück finden will.

Präzise recherchiert und souverän erzählt, ist »Die Frau des Gouverneurs« ein Buch, das die flirrenden »Goldenen Zwanziger Jahre« in Kuba und Deutschland am Vorabend der Weltwirtschaftskrise von 1929 auf großartige Weise einzufangen versteht. Und es ist der Roman einer bedingungslosen Liebe gegen alle Widerstände und Vernunft – voller Spannung, Atmosphäre und Romantik und mit wunderbaren, unvergesslichen Figuren.

Meine Meinung:

Mit diesem Buch habe ich mich echt schwer getan. Ich brauchte recht lange, um mich in die Geschichte einzufinden. Irgendwie kamen mir die Personen nicht wirklich nahe, haben mich nicht richtig überzeugt. Auch der Schreibstil ist mir nicht eindringlich genug, vieles bleibt an der Oberfläche. Dies ist eins dieser Bücher, die ich normalerweise spätestens nach 80 Seiten beiseite lege, weil ich keine Lust habe, meine Zeit mit Büchern zu verbringen, die mich nicht wirklich packen.  Da ich es aber im Rahmen einer Leserunde las und in der Hoffnung, dass es noch besser werden würde, habe ich dann brav weitergelesen.

Im mittleren Teil wurde es dann auch etwas interessanter. Die Umstände, die Christian zurück nach Kuba bringen, nämlich dass er Spielball in einer Intrige wird, sind gut konstruiert. Auch die Geschehnisse um Yamilé sind spannend, so dass ich nun neugierig wurde, wie die Story weitergehen und wie das Buch wohl enden würde.

Zum Ende hin überschlagen sich die Ereignisse geradezu, wobei mir das alles etwas zuviel Durcheinander ist. Einerseits Christian und Lutger mit diesem Brückenbau, dann Yamilés Flucht samt Sohn in die Berge, dann taucht der angebliche verstorbene Arzt wieder auf. Dazu die Intrigen von diesem Martin Root und seine seltsame Beziehung zu seiner Frau und auch noch Carlotta zu Hause in Lübeck, die auf die letzte Minute den Brief von Christian erhält und ihn sogar noch retten kann. Überzeugend ist das alles leider nicht, manches ist viel zu kurz am Rande erwähnt, anderes leider nicht glaubhaft genug konstruiert. Zuviele Nebenschauplätze schaden dem Buch dann eher. Und dann kommt das Ende auf den letzten beiden Seiten doch sehr abrupt, weil man nicht erfährt, wie die beiden sich nun letztlich wiedergetroffen haben.

Insgesamt hat es mich leider nicht überzeugt und auch nicht richtig packen können, vieles bleibt an der Oberfläche. Und Sätze wie „...eine Nacht, die man besser schnell vergißt, und die er doch nie wird vergessen können. Yamilé an ihn geschmiegt. Der Kuss. Der Abschied im Morgengrauen.“ sind mir zu schwülstig, ja schon fast kitschig beschrieben. Da schwappt dann nicht mal die Leidenschaft zu mir rüber! :-)

Außerdem hatte ich von dem Buch erwartet, mehr über den politischen und geschichtlichen Hintergrund Kubas zu erfahren. Ein Gouverneur, der von seiner Frau betrogen wird, ein Amerikaner, der Intrigen spinnt und ein paar Rebellen in den Bergen sind mir viel zu beliebig und ebenfalls zu oberflächlich. Da hätte man noch viel mehr draus machen können.

Wer das Buch dennoch gerne lesen möchte, findet es auf meinem Tauschregal!