Rezension

Oft mehr Roman als Krimi

Die dunkle Seite der Bucht - Silvija Hinzmann

Die dunkle Seite der Bucht
von Silvija Hinzmann

Bewertet mit 3 Sternen

»Ich kann mich nur wiederholen: Halte dich aus der Sache raus.«

Gefühlt hört Joe Prohaska keinen Satz häufiger. Der frühpensionierte Kriminalhauptkommissar aus Stuttgart lebt jetzt in einem kleinen Dorf in Istrien und verdient sich als Fotograf ein Zubrot. Das Leben könnte so schön sein, doch plötzlich holt ihn seine Vergangenheit ein. Vor seiner Tür findet er ein anonymes Päckchen mit höchst ungewöhnlichem Inhalt und einem Hinweis auf einen alten Mordfall, den er in seiner aktiven Zeit löste. Bei seiner Verurteilung schwor der Täter damals Rache, nun wurde er aus der Haft entlassen. Joe ist besorgt und versucht, die Herkunft des Päckchens zu ermitteln. Zeitgleich wird am Strand eine Leiche gefunden, das unbekannte Opfer wurde eindeutig ermordet. Zufall oder gibt es einen Zusammenhang? Joe jedenfalls steckt plötzlich mitten in einer Mordermittlung…

 

Der dritte Fall für Joe Prohaska in Istrien war für mich sein erster. Verständnisprobleme gab es aber dadurch keine, was in diesem Fall ein positiver Effekt des ansonsten etwas ausschweifenden Erzählstils war. Die Autorin neigt dazu, jedes kleine Detail zu beschreiben. Beispiel: An einem Morgen steht Joe früh auf und macht Hausarbeit, bevor er sich in die Ermittlung stürzt. Der Leser erfährt dann, welches Lied im Radio läuft, dass Joe seinen Kaffee im Bad trinkt, was er anzieht, dass er gern bügelt, was er alles bügelt und dass er die Sachen im Schrank verstaut, dass er das Bett bezieht und Bad und Böden wischt usw. An diesen Stellen ist das Buch mehr Roman als Krimi. Wer so etwas mag, gerne präzise über Leben und Charakter des Protagonisten informiert ist, sollte auf seine Kosten kommen.

 

Der Krimi wird dadurch allerdings ausgebremst. Das fand ich schade, denn die Krimihandlung an sich ist sehr reizvoll und stellt die Ermittler vor immer neue Herausforderungen. Denkt man anfangs nur an eine Rachestory, kommen nach und nach weitere Aspekte hinzu. Da Joe, obwohl ihm die meisten Freunde dazu raten, sich nicht heraushält, wird es für ihn auch ordentlich gefährlich. Das ist an sich kein ungewöhnlicher Zug für einen Ex-Kommissar, doch ging er für mein Empfinden einige Male zu leichtsinnig vor. Für den Leser ist das spannend, ich saß jedoch auch manchmal kopfschüttelnd vor dem Buch und fragte mich, wie er seine Dienstzeit lebend überstanden hat. Die Auflösung am Ende ist stimmig, die Autorin lässt einen der Charaktere alles komplett erklären. Kann man machen, beantwortet dann auch alle Fragen, ist aber nicht meine bevorzugte Art.

 

Fazit: Interessanter Fall und reizvolle Kulisse, jedoch sehr ruhig und oft mehr Roman als Krimi.