Rezension

oft tiefsinnig, amüsant, drastisch, am Ende glücklich angekommen

Meter pro Sekunde
von Stine Pilgaard

Bewertet mit 4 Sternen

hygge

Ein Elternpaar mit Kleinkind zieht an einen Fjord in Westjütland, wo der Vater eine Stelle als Lehrer in einer sog. Heimvolkshochschule annimmt. Die Mutter und Ich-Erzählerin wird von der Schuldirektorin mit der Aufgabe der Kummerkastentante der örtlichen Zeitung betraut. Der Roman wechselt zwischen Episoden aus dem Alltag der Eltern in ihrem Zuhause, der Schule, der Kita und mit Freunden/Bekannten in der Umgebung, Kummerkastenanfragen nebst Antworten, Fahrstunden der Protagonistin und Liederexten aus einem dänischen Liederbuch.

Wer jetzt ein spannendes Handlungsgerüst im Sinn einer sich aufbauenden Geschichte erwartet, wird enttäuscht sein, und ich war es mitten in der Lektüre auch. Was mich fasziniert und zum Weiterlesen angespornt hat, waren die tiefsinnigen, lebensklugen und teilweise sehr witzigen Antworten der Protagonistin auf die Kümmernisse im Kummerkasten. Es ist eine machmal durchaus drastische Sprache, die kein Blatt vor den Mund nimmt und mir gefallen hat. Letztendlich bilden den Plot die Fahrschule und das Schuljahr in der Heimvolkshochschule und hierdurch wird schliesslich, m. E. wieder durch die aussergewöhnliche und bildhafte Sprache, ein gutes Stück Lebensweisheit und Lebensfreude versprüht und letztendlich Versöhnlichkeit mit der eigenen Lebenssituation.

Ein schöner Roman, ich geb vier Sterne, ein Punkt Abzug für die Liedertexte. Mit denen konnte ich nicht so viel anfangen.

 

Kommentare

wandagreen kommentierte am 10. März 2022 um 08:55

Der Plot war mager - gut, dass du es sagst, ich suchte nach der Benennung  meines durchaus vorhandenen Unbehagens - aber davon abgesehen ist es für leichte Lektüre durchaus ein tiefgründiges Romänchen, das muss man anerkennen.

Es freut mich, dass du dem kleinen Büchlein etwas abgewinnen konntest. 

Bajo kommentierte am 15. März 2022 um 13:24

A propos magerer Plot. Da kommt mir der Norweger Knausgard in den Sinn, sicherlich ne andere Liga als dieser Roman. Vielleicht sollte ich mich doch mal an seine Romane wagen, bisher erschienen sie mir, trotz hochgelobter Tiefgründigkeit, zu langweilig.