Rezension

Ohne Tönne geht nichts

Schützenbrüder - Stefan Holtkötter

Schützenbrüder
von Stefan Holtkötter

Bewertet mit 5 Sternen

Tönne Oldenkott, ehemals Bauer, jetzt Pensionär. Seine Felder sind verpachtet, aber so richtig loslassen kann er nicht. Natürlich muss er regelmäßig kontrollieren, ob auch alles mit rechten Dingen zugeht.

Auf dem Schützenfest wurde hinter dem Festzelt Werner Osthues tot aufgefunden. Verdächtigt, ihn ermordet zu haben, wurde dessen Tochter Mechthild, denn diese war bekannt für ihren Sauerkirsch-Aufgesetzten, der die Todesursache war, da er vergiftet war.
Tönne ist einer der wenigen, die nicht glauben können, dass Mechthild ihren Vater umgebracht haben könnte, obwohl er ein furchtbarer Mann war.
Tönne vertraute immer seiner Frau Agnes, die Lehrerin war und auch Mechthild unterrichtet hatte. Auf ihre Meinung hielt er große Stücke und wenn diese sagte, dass Mechthild ein gutes Mädchen ist, dann konnte er sich darauf verlassen. Obwohl seine Agnes schon tot ist, hört er noch heute auf ihre Worte.
Da die Polizei an die Unschuld von Mechthild nicht glauben will, denn alles spricht gegen sie, beginnt er selbst zu ermitteln, wer Werner auf dem Gewissen hat.
Als "Gehilfin" hat er sich Gül Yilmaz, eine Polizistin türkischer Herkunft auserkoren. Er nennt sie Lisbeth, denn es kann ja nicht angehen, dass ein Mädchen einen Namen hat, der sich wie Gülle anhört.
Auch Gül hatte seine verstorbene Frau als Lehrerin gehabt und diese war von Gül sehr angetan. Also beschließt Tönne, dass Gül die richtige ist, um ihn zu unterstützen. Aber Gül will, wenn sie schon helfen soll, den Dienstweg einhalten und das ist genau das, was Tönne umgehen will, denn der Dienstweg hat Mechthild in die Untersuchungshaft gebracht ...

Ein herrlich feinsinniger Krimi aus der Feder von Stefan Holtkötter. Der Münsterkrimischreiber hat ein weiteres Mal seine Protagonisten dort agieren lassen.

Herzliche Grüße von Miss Marple und Mr. Stringer, wobei die Rollenverteilung bei diesem Krimi genau anders herum liegt. Tönne ermittelt und Gül ist der "Handlanger".
Er kann es nicht lassen. Eigentlich soll Tönne gerade seine Enkel beaufsichtigen oder kutschieren. Aber das kann man doch auch mit einem Abstecher verbinden, indem man ganz unauffällig mal so eben nebenbei ein paar Befragungen durchführt.
Ich habe während des Lesens Tönne, den Miss Marple-Abklatsch förmlich vor Augen gehabt. Ein Sympathisant durch und durch, besteht er doch auf Gerechtigkeit, die seiner Meinung nach Mechthild gerade nicht widerfährt. Das kann er so nicht stehen lassen und versucht ihre Unschuld zu beweisen und gerät dadurch selbst in Gefahr.
Gül, die mit sich nicht einig ist, wie und ob sie Tönne helfen soll, hat auch das Herz am rechten Fleck und lässt sich, eher widerstrebend, auf die Schrullen von Tönne ein und erlebt ihr blaues Wunder. Dabei muss sie sich selbst mit der starken Männlichkeit im Schützenverein auseinandersetzen.
Ihre Zweifel und ihr Bedürfnis, alles richtig zu machen und vor allem Dienst nach Vorschrift, macht sie auch menschlich und sympathisch.

Sehr gut recherchiert und wiedergegeben hat der Autor die Aktivitäten rund um ein Schützenfest und die Belange, die so ein Verein mit sich bringen. Mit welchen Problemen, Sorgen und Nöten sich der Vorstand herumärgern muss fehlten genausowenig, wie die Schilderung des Ablaufs eines Schützenfestes mit all seinen Eigenheiten. Wer so etwas oder ähnliches schon erlebt hat, wird wie ich in diesem Buch einige Dinge wiedererkennen.

Tönne Oldenkott, ein Mann, ein Wort. Vor allem ein Mann, mit dem man rechnen muss und ich hoffe doch, noch recht oft.
Obwohl ein Krimi, hat dieses Werk doch großen Unterhaltungswert. 
Ich habe mich auf diesen 221 Seiten bestens unterhalten und amüsiert. Ich habe einen unermüdlichen, dem Kontrollwahn unterliegenden, aber sehr sympathischen Rentner kennengelernt, mit dem man rechnen muss. Aber auch mit Gül habe ich mich bestens unterhalten, von der ich hoffe, dass sie noch ein wenig aus sich herausgehen möge.
Auf jeden Fall ein Krimi, den ich sehr gern weiterempfehle.