Rezension

Onehundredandfifty shades of grey – oder noch mehr…

Kleine große Schritte
von Jodi Picoult

Bewertet mit 5 Sternen

Mein erstes im Jahr 2018 gelesenes Buch und gleich ein Highlight! Ich wage sogar zu behaupten, es wird eins meiner Lesehighlights 2018 sein. Ich habe Jodi Picoult mit „Die Spuren meiner Mutter“ kennengelernt (und ich fand es toll). Dass sie dieses Buch noch toppen würde hätte ich allerdings nicht gedacht.

Die Geschichte um die schwarze Säuglingskrankenschwester Ruth, die angeblich schuld am Tod eines Babys sein soll, ist unheimlich komplex und doch so beschrieben, dass man nie den Faden verliert. Ruth ist eine starke schwarze Frau, eine Persönlichkeit. Aber sie ist auch eine Farbige, die in einer weißen Welt groß wurde und gelernt hat sich anzupassen. Sie lebt ein gutes Leben und ist zufrieden mit dem, was sie erreicht hat. Bis zu dem Tag, an dem die Entscheidung ihrer Vorgesetzten dazu führt, dass sie alles hinterfragen muss, was sie jemals für richtig gehalten oder getan hat.

Die „weiße Seite“ der Geschichte wird aus zwei völlig unterschiedlichen Perspektiven erzählt: aus der des Rechtsextremisten Turk Bauer und der der Anwältin Kennedy McQuarrie. Während Turk und seine Frau offen Rassismus zur Schau stellen, hält sich Kennedy für eine tolerante Person, für die Rassismus quasi ein Fremdwort ist. Bis auch sie in der Konfrontation mit Ruth’s Fall ihre Einstellungen hinterfragen muss.

Und letztlich wird sich kaum ein Leser dieses Buches der Diskussion um „versteckten Rassismus“ entziehen können. Egal ob es um schwarz oder weiß oder sonstige Ethnien geht. Dieses Buch zeigt, dass es es nicht nur schwarz und weiß gibt, sondern auch jede Menge grau. Mindestens onehundredandfifty shades of grey, wenn man so will.

Mich hat das Buch zum Nachdenken gebracht, zum Reflektieren. Ich finde, Jodi Picoult hat hier ein ganz wichtiges, komplexes Buch geschrieben, das aus meiner Sicht gern Schullektüre werden dürfte.

Zum Schluss noch ein paar Eckdaten:

Ort der Handlung: New Haven, Connecticut, Nordostküste der USA

Zeit der Handlung/Jahreszeit: Oktober 2015 bis Frühjahr 2016 + Rückblenden

Erzählperspektive: drei Ich-Erzähler (Ruth, Turk, Kennedy)

Hauptfiguren: Ruth Jefferson (Hebamme), Turk und Brittany Bauer (rechtsradikales Elternpaar), Kennedy McQuarrie (Anwältin)

Lieblingszitat: „Ich höre das Plätschern des Brunnens hinter mir und denke an Wasser, das als Dunst aufsteigt, damit kokettiert eine Wolke zu sein und dann als Regen zurückkehrt. Würde man das Fallen nennen? Oder nach Hause kommen?“ - Ruth