Rezension

Ophelia im Land der Persönlichkeitsgestörten

Die Spiegelreisende Band 1 - Die Verlobten des Winters - Christelle Dabos

Die Spiegelreisende Band 1 - Die Verlobten des Winters
von Christelle Dabos

Bewertet mit 2 Sternen

Begeisterte Leserin: Was für ein Buch, was für ein Feuerwerk an fantastischen Einfällen. Welch grandioser Weltenentwurf, finden sie nicht?

Enttäuschte Leserin: Nun ja. Die Idee mit den in verschiedene Archen zersplitterten Erde und den unterschiedlichen Fähigkeiten der Menschen war sehr hübsch. Und auch, dass Ophelia Gegenstände lesen und durch Spiegel gehen kann. Aber, um ganz ehrlich zu sein, die meiste Zeit ging es doch eher um die Befindlichkeiten dieser privilegierten  Pol-Bewohner, um Intrigen, Taktieren, Launen aller Arten.

Begeisterte Leserin: NUR? Ich bitte sie. Das war doch extrem spannend. Dieses Gefühl ständiger Bedrohung, diese Angst um Ophelia und all diese kuriosen Menschen und Sitten am Pol. Eine fantastische Mixtur aus Alice im Wunderland und französischem Hofleben. Ich habe jede Sekunde genossen, es war wie eine wilde Achterbahnfahrt. Nie konnte man sich in Sicherheit wiegen, ständig musste man damit rechnen, dass etwas völlig Unerwartetes geschieht.

Enttäuschte Leserin: Ähm. Hust. Sooooooviel ist nun aber nicht passiert, oder? Also mal abgesehen davon, dass Ophelia von ihrer Familie mit einem irgendwie schratig wirkenden Riesenmann zwangsverheiratet werden soll, mit ihm an den eisigen Pol reist, wo sich herausstellt, dass er nicht sehr beliebt ist und sie daher in Lebensgefahr schwebt. Nur hat dieser Thorn, wie er heißt, ja leider sehr viel Arbeit und kann sich nicht um die Sicherheit von Ophelia kümmern. Also zieht sie mit seiner launischen, von einem Ur-Ahnen geschwängerten Tante unter falscher Identität in ein Schloss, wo sie immerzu herumgestoßen wird. Dieser Umstand hat mir - wenn ich das anmerken darf - übrigens gar nicht gefallen.

Begeisterte Leserin: Ich glaube langsam, sie haben dieses Buch überhaupt nicht verstanden. Ophelia ist eine immens starke Protagonistin. Gerade WEIL sie den Launen der Pol-Bewohner mit ihrer äußerst bedachten, ruhigen und beharrlichen Art begegnet. Wie bitteschön hätte sich Ophelia in dieser Welt denn sonst behaupten sollen? Keine Sekunde hätte sie überlebt, wenn sie Aufmerksamkeit auf sich gezogen hätte. Ha! Da fällt ihnen nichts mehr ein, wie?

Enttäuschte Leserin: Räusper. Also, ich habe da auch keine direkte Lösung. Nur, wie soll ich sagen? Ich hätte es schön gefunden, wenn Ophelia direkt wieder abgereist wäre, weil...

Begeisterte Leserin (völlig aufgelöst!): ABGEREIST? Sind sie noch zu retten? Dann hätte es diese ganze wunderbare Geschichte doch gar nicht gegeben.

Enttäuscht Leserin: Also - bitte nehmen sie das jetzt nicht persönlich -, ich bin mir auch nicht sicher, ob ich diese Geschichte wirklich vermisst hätte. Wahrscheinlich eher nicht.

Begeisterte Leserin schweigt, enttäuschte Leserin stupst sie freundschaftlich an: "Aber Laura Maire hat wirklich schön gelesen. Das muss ich sagen!"

Begeisterte Leserin: "Pffft!"

Kommentare

E-möbe kommentierte am 27. März 2019 um 22:54

Amüsant. Und du bist tatsächlich mal einen GANZEN Punkt abweichend von mir, echt krass.

Dich konnte also nicht mal der Asperger-Todesser-Buchhalter begeistern? Und ähm ... die graue Maus, die edelmütig, so richtig der Bibel folgend, lieber noch die andere Wange hinhält, wenn man sie auf die eine schlägt? Du bist aber auch immer so unzufrieden! :D

lex kommentierte am 28. März 2019 um 07:34

Ich kann deine drei Punkte aber nachvollziehen. Der Schreibstil ist wirklich schön, auch einige Ideen. Aber insgesamt kam mir diese Geschichte vor, wie 300 aneinandergereihte Folgen einer extrem langen Soap. Und wie du schon schreibst: Wenn die Protagonisten einfach mal Klartext gesprochen hätten, hätte es viele Probleme gar nicht gegeben. Dass ich Thorn eher weniger interessant fand, lag auch daran, dass die Hörbuchsprecherin bei seinen Passagen immer so laut geworden ist. Erst Ophelias Flüsterei, dann seine gebellten Sätze. Puh... das war anstrengend. :-)

E-möbe kommentierte am 28. März 2019 um 09:55

Ich habe übrigens bis zuletzt nicht verstanden, warum Ophelia so zeitig nach Todesser-City kommen musste, wenn die Hochzeit doch erst in gefühlten 100 Jahren stattfindet. Irgendwelche Erklärungsansätze deinerseits? (Und nein, das Schaffen noch mehr Probleme gehört nicht dazu. ;D)

lex kommentierte am 28. März 2019 um 10:00

Äh... naja... er hatte wirklich viel Arbeit und äh... er musste ja erstmal abwarten, ob Ophelia die ersten Monate überlebt, wovon er gar nicht ausgegangen ist, was natürlich auch logisch ist, weil diese Hochzeit ja so extrem wichtig war und äh... mehr fällt mir dazu nicht ein. :-D

E-möbe kommentierte am 28. März 2019 um 11:56

Äh ... ja. Klingt logisch.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nicht. :D

Lesemama kommentierte am 02. April 2019 um 18:27

Ich fand die Sprecherin ganz schrecklich, ich konnte ihr maximal zwanzig Minuten am Stück zuhören ...

Wenn ich auch so spreche, verstehe ich jetzt, warum mein Mann immer vergisst was ich zu ihm sagte ^^

lex kommentierte am 09. April 2019 um 12:16

Die Sprecherin ist eigentlich gut, spricht hier aber Ophelias Charakter entsprechend - das ist schon passend, aber Ophelia ist halt echt seeeeeeeeehr leise und duldsam.