Rezension

Opulent, spannend - ein HIghlight unter den historischen Romanen

Die Festung am Rhein - Maria W. Peter

Die Festung am Rhein
von Maria W. Peter

Bewertet mit 5 Sternen

Die Autorin entführt ihre Leser in das Coblenz von 1822. Die Napoleonischen Kriege, während deren die Stadt und große Teile des Rheinlandes zu Frankreich gehörten sind seit sieben Jahren vorbei. Nicht vorbei sind die Ressentiments, die die Einwohner den Franzosen und den neuen Herren, den Preußen gegenüber haben. Doch wieso Preußen? Nach dem Wiener Kongress versuchten, die vielen kleinen deutschen Fürstentümer und Königreiche unter der Führung Preußens ein Gegengewicht zu Frankreich, der Donaumonarchie und dem Zarenreich zu bilden.
Mit ihrem nassforschen Auftreten machen sich die Preußen nicht wirklich beliebt. Die Errichtung der Feste Ehrenbereitstein, rund um die sich dieser historische Roman rankt, trägt auch nicht zur größeren Beliebtheit der preußischen Armee bei. Man hat nämlich auf Befehl des Königs, große Ackerflächen enteignet und vielen ehemaligen Grundbesitzern die zugesagte Entschädigung vorenthalten.

Soweit das historische Umfeld, doch nun zur eigentlichen Geschichte:

Rudolph Harten ist Ingenieur-Leutnant und für den reibungslosen Ablauf der Errichtung der Festung verantwortlich. Er ist kein Leuteschinder wie so manch anderer Offizier, kommt es doch selbst aus einer armen Familie. Er war bei der letzten Schlacht gegen Napoleon in Belle-Alliance dabei. Hier wurde er schwer verwundet und nur durch die tatkräftige Hilfe eines französischen Offiziers gerettet. Der bezahlte allerdings dafür mit seinem eigenen Leben du dem seiner Untergebenen. Dieser Umstand wird Rudolph ständig vorgehalten. Man bezichtigt ihn, ein „Franzosenfreund“ zu sein. Ein „no go“ in dieser Zeit, in diesem Gebiet.

Ausgerechnet in seinem Bautrupp kommen die Baupläne der Festung abhanden. Unter Verdacht: Christian Berger, ein junger Mann mit einer deutschen Mutter und einem französischen Vater. Christian wird sofort eingesperrt, obwohl er seine Unschuld beteuert. Capitain von Rülow, Rudolphs Vorgesetzter, will ein Exempel statuieren und Christian wegen Hochverrats hinrichten lassen. Da tritt Franziska, Christians Schwester, auf den Plan und versucht Rudolph von der Unschuld ihres Bruders zu überzeugen. Doch das ist nicht so leicht und Franziska nimmt die Stelle eines Dienstmädchens bei den von Rülows an.
Was sie hier beim Spionieren entdeckt, gibt ihr die Gewissheit, dass ihr Bruder nichts mit dem Diebstahl der Baupläne zu tun hat.

Doch wer ist in darin verwickelt? Henriette von Rülow, die lebenslustige Gemahlin oder der Capitain selbst oder der nette Schotte, der Henriette mit Whisky versorgt und auch Rudolph kennt?

Mehrmals krachen Rudolph und Franziska zusammen, bis sie endlich gemeinsam versuchen, den Diebstahl aufzuklären. Franziska geht natürlich auch manchmal eigene Weg, die nicht ganz ungefährlich sind.

Werden die beiden die Baupläne wiederfinden und Christian vor dem Peloton retten können?

Erzählstil/Spannung:

Maria W. Peters ist ein farbenprächtiger, opulenter historischer Roman gelungen, der mich wegen seiner peniblen Recherche gefangen hat. Manche stellen scheinen anfangs ein wenig breit erzählt, sind aber – für die Leser, die sich im aktuellen Zeitgeschehen nicht auskennen – notwendig. Der Spannungsbogen ist hochgehalten. Einerseits spielt die Frage „bekommen sich Rudolph und Franziska einander“ und andererseits ist die Jagd nach dem Täter sehr aufregend. Die Autorin präsentiert uns einige Verdächtige, von denen der eine oder andere ein prächtiges Motiv hätte. Durch viele Wendungen und Sackgassen kommt es dann doch zu einem (für manche) überraschenden Täter.

Geschickt werden Sequenzen der Schlacht von Belle-Alliance und das Schicksal Rudolphs eingeflochten.

Charaktere:

Wie im richtigen Leben liegen gute und böse Charaktereigenschaften eng nebeneinander und so treffen wir auf einen Lebensretter, der dann doch nicht ganz so gut und harmlos ist, wie er uns auf den ersten Blick erscheint.
Gut wird der, besonders bei Capitain von Rülow vorhandene, Standesdünkel herausgearbeitet. Von Rülow entstammt einem alten Junkergeschlecht aus Masuren. Obwohl er mit Henriette, eine nicht standesgemäße Ehe eingegangen ist (sie ist eine ehemalige Zirkusreiterin), ist sein zweiter Vorname „Standesdünkel“. Er blickt auf Rudolph, der aus ärmlichen Verhältnissen stammt und von Graf Neidhart von Gneisenau seine Ausbildung zum Ingenieur bezahlt bekommen hat, herab. Ja, nicht nur das, er schikaniert ihn regelrecht. Mit dabei auch Bäske, ein Unteroffizier, der den Umständen von Rudolphs Verwundung bei Belle-Alliance Kenntnis hat und ihn ebenfalls abfällig entgegentritt.

Erfrischend der junge Fritz, Rudolphs Offiziersbursche, der das Herz am rechten Fleck und die Zivilcourage hat, „seinem“ Leutnant in Sachen Frauen die Leviten zu lesen.

Meine Meinung:

Ein historischer Roman, der unbedingt eine Fortsetzung braucht. Noch haben nicht alle „Bösen“ ihre Lektion erhalten und die Verbindung von Franziska und Rudolph wird sicherlich noch der einen oder anderen Widerwärtigkeit ausgesetzt sein. Immerhin Wiedersetzen sich die beiden dem königlichen Heiratsverbot, in dem sie sich trotzdem verloben. Also, da ist genügend Stoff für weitere 500 Seiten.

Fazit:

Eine gelungene Zeitreise in das 19. Jahrhundert, der ich gerne fünf Sterne gebe.