Rezension

Originelle Idee, doch irgendwann verpufft der Witz

Sean Brummel: Einen Scheiß muss ich
von Tommy Jaud

Der scheinbare Autor Sean Brummel ist ein fiktiver (wobei wahrscheinlich real-inspirierter) Charakter, der durch das Buch führt wie ein Personal Trainer. Tommy Jaud scheint mir in diesem Anti-Ratgeber mit einigen gesellschaftlichen Konventionen abzurechnen, was ihm grundsätzlich glückt.

Der Schreibstil ist direkt, schonungslos, witzig, aber manchmal auch etwas primitiv. Genauso, wie ich mir die Figur Sean Brummel vorstellte. Sein Appell, sein Muss-Monster (auch bekannt als die kleine fiese Stimme im Kopf, das schlechte Gewissen) möglichst abzutöten ist ein humorvoller, aber dennoch realer Ratschlag. Warum müssen wir alle Karriere machen? Warum müssen wir alle die perfekte Modelfigur anstreben? Warum müssen wir alle pinke Strumpfhosen tragen, weil es gerade in Mode ist, obwohl es kaum jemandem steht? Warum haben wir immer dieses schlechte Gewissen, wenn mir einmal etwas nicht tun, was wir anscheinend müssen? Medien, Freunde & Familie, Nachbaren, Lehrer, Arbeitskollegen... alle schwimmen im gleichen Strom und geben uns vor, was wir scheinbar müssen. Und genau diese Muss-Monster deckt Sean Brummel auf und zeigt Lösungsansätze. 

Der Aufbau des Romanes ist sehr überschaubar und tatsächlich wie ein Ratgeber. Kapitel sind ordentlich in Themen und Unterthemen gegliedert und am Schluss jedes Kapitels gibt es die Tipps noch einmal zusammen gefasst. Ausserdem bittet der Autor im Anhang immer noch um eine Unterschrift (obwohl ich die bei der Lektüre nicht gegeben habe). Ebenfalls witzig ist ganz am Anfang die Nutzungsbedingungen zur Lektüre dieses Romanes. Alles sehr ironisch und sarkastisch zu verstehen natürlich. 

Im Generellen fand ich die Grundidee sehr unterhaltsam mit einem gesunden Kern Wahrheit. Tatsächlich werde ich mir den Leitsatz "einen Scheiss muss ich" wohl öfters vornehmen und nicht blind, jeder Anklage meines Muss-Monsters folgen. Dennoch würde ich die Lebensweise von Sean Brummel nicht wirklich vorschlagen, denn der Roman bleibt ein fiktives Werk und soll vor allem Unterhaltung bieten. Diesbezüglich muss ich allerdings zugeben, dass der Witz irgendwann verpufft, bis es am Schluss nur noch eher heisse Luft ist. Der Aufbau sowie die Tipps sind zu repetitive und bieten kaum Spannung. Der immergleiche Humor wird langweilig, weil die Pointe nicht mehr überrascht und so hatte ich gegen Ende ziemlich genug davon.

Unter dem Strich eine tolle Idee, witzig umgesetzt, aber irgendwann zu viel des Guten oder eben nicht der Humor von jedermann. Ganz im Sinne des Titels: "Man muss das Buch nicht gelesen haben", aber ich kann es auch nicht schlecht nennen... hervorragend allerdings ebenso wenig. 

3 / 5 Sterne