Rezension

Origineller Genremix

American Spy - Lauren Wilkinson

American Spy
von Lauren Wilkinson

Bewertet mit 3 Sternen

Marie arbeitet in den 80er Jahren nach ihrer Ausbildung in Quantico für das FBI in der Abteilung Spionageabwehr. Sie wird für ein Spezialprojekt der CIA ausgewählt. Als schwarze Frau scheint sie prädestiniert für diesen Auftrag. Sie soll den Staatschef von Burkina Faso korrumpieren. Doch ihr kommen Zweifel, ob sie das wirklich ethisch vertreten kann. Überhaupt gefallen ihr einige Aktivitäten des FBI nicht und es beginnen Schwierigkeiten…

Man erfährt als Leser*in alles in Form eines Briefes, den sie an ihre Zwillingssöhne schreibt. Wie alt diese gerade sind und warum sie diesen Brief überhaupt schreibt, erfährt man nur Stück für Stück, wodurch Spannung entsteht. Auch erfährt man lange nicht, was es mit dem Vater auf sich hat.
Der Brief ist nicht chronologisch erzählt, sondern eher assoziativ und in den Zeiten springend.
Marie reflektiert viel über die eigene Herkunftsfamilie, insbesondere über ihre ältere Schwester Helene, die sie sehr bewunderte, aber irgendwann nicht mehr richtig verstand. Auch diese arbeitete, bis zu ihrem frühen Tod, beim FBI. Die Mutter verließ die Familie und kehrte in ihr Herkunftsland Martinique zurück. Die Mädchen wuchsen so bei ihrem Vater, einem Polizisten, in New York auf. Marie beleuchtet die Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern und die eigene Entwicklung. Die Figuren blieben mir jedoch etwas fremd. Auch konnte ich gegen Ende eine Handlung Maries nicht nachvollziehen, da sie irgendwie nicht zu ihren Wertmaßstäben passte. Zudem wurde es manchmal zu „gefühlsduselig", zu häufig wurden verschiedenste Gefühle benannt und auch das passte nicht so ganz ins Bild, da sich Marie eher verschlossen und kühl gab.
Neben der Familie steht natürlich ihre Tätigkeit beim FBI und in der CIA im Fokus. Diese Einblicke in das Spionagewesen, aus dem kritischen Blick einer schwarzen Frau, fand ich hingegen überaus interessant. Atemlos ließen mich die sehr realistisch erscheinenden Schilderungen der Aktivitäten, der Überwachungen von Bürgerrechtsinitiativen im Inland sowie der enormen Manipulation im Ausland, hier insbesondere der Geheimoperationen in Westafrika, zurück. Diese werden recht ausführlich und klar beschrieben. Obwohl ich das alles schon irgendwie gehört hatte, beeindruckte es mich Des Weiteren gefielen mir in diesem Zusammenhang die Diskussionen über Demokratie (-aufbau).
Zudem, das gefiel mir ebenfalls gut, wurden die Auswirkungen des Kalten Krieges sowie insgesamt die Diskriminierung von Schwarzen und Frauen nachvollziehbar und spürbar geschildert, ebenso die jeweilige Nichtzugehörigkeit – in den USA gilt Marie als die Schwarze, in Westafrika als die Amerikanerin.
Der Roman wartet noch mit einer Liebesgeschichte auf, die ich jedoch als zu dick aufgetragen empfand. Auch der Schluss geriet mir etwas zu pathetisch.

Tja, was war das nun? Ein Thriller? Ein Spionageroman? Ein psychologischer Familienroman? Ein Liebesroman? Ein Westafrika Roman? Satire, Trash oder Ernst? Von jedem etwas und für mich leider zu viel in einem. Auch aliterarisch sehr durchwachsen- klare gute Sätze wechseln sich ab mit recht trivialen Passagen. Dennoch gefiel mir die Originalität, die ungewöhnliche Hauptfigur- eine taffe weibliche schwarze Spionin sowie das ungewöhnliche Setting und nicht zuletzt der Humor. Obwohl ich insgesamt nur drei Sterne vergebe, bereue ich die Lektüre keinesfalls.