Rezension

Packend!

Die Brücke - Monica Byrne

Die Brücke
von Monica Byrne

Inhalt: Eine bessere Zukunft?

Wir schreiben das Jahr 2068: Die Vereinigten Staaten und Europa sind in die Bedeutungslosigkeit gefallen, Indien und Äthiopien dagegen die stärksten Wirtschaftsmächte der Welt, deren Mega-Cities ständig mit Energie versorgt werden müssen. Zu diesem Zweck wurde der TRAIL erfunden – eine gigantische schwimmende Pontonbrücke, die über das Arabische Meer verläuft, Indien mit Äthiopien verbindet und Sonnenlicht in Strom umwandelt. Doch der TRAIL ist auch die letzte Hoffnung für die, die in den pulsierenden Riesenstädten Indiens keinen Platz mehr finden: Sie wandern über den TRAIL nach Afrika – für sie ist er die Brücke in eine bessere Zukunft. So wie für Meena und Mariama, die einander nicht kennen, aber deren Schicksal auf vielfache Weise miteinander verknüpft ist ... (Quelle: Verlag)

Meine Meinung: Mit Die Brücke habe ich mich einmal mehr in das Sci-Fi-Genre gewagt. Normal kennt man dieses in Form von Weltraumabenteuern, Schlachten zwischen gut und böse und einer Welt, die dem Untergang nahe ist. In Die Brücke überrascht und Monica Byrne mit Sci-Fi der etwas anderen Art und konnte mich dadurch komplett überzeugen. Gleichzeitig hat es mich aber auch sprachlos gemacht und ich habe lange gebraucht, um diese Rezension schreiben zu können.

Rom löst Ägypten ab, Europa löst Rom ab, dann wird es von Amerika abgelöst und dieses von China. Darauf folgt Afrika und nun Indien. Wovon spreche ich da? Bis Amerika dürfte es euch vielleicht klar sein. Ich spreche von den Hochkulturen. Von denen, die wirtschaftliche Macht haben, die führenden Länder auf dem Weltmarkt. Wir stehen gerade bei Amerika und können einen deutlichen Trend nach China hin erkennen. Die Autorin von Die Brücke spinnt die ganze Idee ein bisschen weiter und landet nach China bei Afrika und letztendlich in Indien. Das Thema der Rohstoffknappheit ist heute schon aktuell und fordert neue Wege der Energiebeschaffung. In Monica Byrnes Welt wurde diese gefunden. In Form des Trails, der Brücke, der die Wellenenergie auf dem Ozean benutzt, um Strom zu gewinnen. Dieser spannt sich von Indien aus nach Afrika. Das Betreten ist strengstens verboten. Dennoch wagen zwei Frauen eine gefährliche Reise über den Trail. Die eine von Indien aus, die anderen von Äthiopien aus. Und obwohl sich beide noch nie begegnet sind, ist ihr Schicksal auf engste Weise verbunden.

Wir lesen das Buch aus der Perspektive von Mariama und der von Meena. Beides sind keine 0815-Protagonisten. Beide tragen ihr eigenes Päckchen mit sich herum, haben eine Vergangenheit, die sie verfolgt und zu ihren Taten anregt. Beide Vergangenheiten werfen am Anfang des Buches eine Menge Fragen auf und werden im Verlauf des Buches geklärt und fügen so die Geschichte, wie viele kleine Puzzleteile immer mehr zu einem ganzen zusammen. Nebenbei erfahren wir auch noch eine ganze Menge über die Gesellschaft der Zukunft, ihre Ansichten und Denkweisen, über ein komplett geändertes Weltbild. So wird schon direkt klar, dass in dem Buch nicht irgendein Kamp zwischen gut und böse elemental ist sondern das Zwischenmenschliche, die Psychologie. Eine ganze Menge Spannung bekommt Die Brücke dadurch, dass wir außerdem von dem Versuch Meenas, auf dem Trail zu überleben, erfahren.

Die Brücke ist ein ganz schön schwerer Brocken, was auch verursacht hat, das ich lange keine Rezension geschrieben habe. Mir haben schlicht und einfach die Worte gefehlt denn mit den Geschichhten von Mariama und Meena erfahren wir von ernsten Themen, wie Mord und Sklaverei, der Freiheit eines selbstbestimmten Lebens und dessen Grenzen und auch von Vergewaltigung, Eifersucht, Krankheit. Mehrmals scheitern die Protagonisten und ich habe mehrmals weinen müssen, bin mehrmals vor Ekel zusammengezuckt. Und so fasziniert ich von dieser Geschichte bin, muss ich vorsichtig sein, wem ich sie empfehle. Denn Die Brücke ist hart, nicht immer gerecht und gerade Jugendliche, besonders etwas jüngere Leser haben damit wahrscheinlich zu viel zu kämpfen. Für alle, die „alt genug“ sind ist dieses Buch aber ein absolutes Must Read.

Zu guter Letzt möchte ich allerdings noch einen kleinen Kritikpunkt loswerden, der allerdings nicht maßgeblich in die Bewertung mit einfließen wird. Für mich war es sehr schwer, sich einerseits den Trail vorzustellen, andererseits die Strecken, die sowohl Meena als auch Mariama zurücklegen. An dieser Stelle hätte ich mir einfach sehr eine Karte gewünscht, sowie eine Zeichnung des Trails.

Bewertung:  Die Brücke ist ein hartes Buch, welches mir noch sehr lange im Gedächtnis bleiben wird. Obwohl es eine so schwere Kost ist, kann ich es jedem empfehlen, der sich bereit dafür fühlt, denn der Roman überzeugt mit vielen Rätseln, interessanten Protagonistinnen und einem atemberaubenden Weltenentwurf. Die Brücke bekommt von mir 5 von 5 Füchschen.

Vielen herzlichen Dank an Heyne für das *Rezensionsexemplar.