Rezension

Packend!!!

Kind 44 - Tom Rob Smith

Kind 44
von Tom Rob Smith

Bewertet mit 4 Sternen

Die Rezi bezieht sich auf das Hörbuch, gelesen von Bernd Michael Lade.
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Inhalt:
Russland 1953: Leo ist ein linientreuer und überzeugter Geheimdienstler, der im Dienste des Sozialismus und damit des Staates mögliche Spione und mit dem "bösen" Westen in Verbindung stehende Personen ausfindig macht, verfolgt und "befragt" (also foltert). Leo ist zutiefst überzeugt von dem, was er tut. Als eines Tages das Kind eines Kollegen tot aufgefunden wird, grausam verstümmelt und mit Erde im Mund, wird Leo angewiesen, den Vorfall als Unfall zu deklarieren. Denn in einem sozialistischen Staat wie Russland, wo alle Menschen gleich sind, zufrieden und sich stets "optimieren", gibt es keine Verbrechen, keine Kriminalität. Als Leo selbst in die Mühlen dieses Sicherheitssystems gerät und in ein Städtchen irgendwo im tiefsten Russland verbannt wird, wird wieder die Leiche eines Kindes gefunden - genauso verstümmelt und präpariert wie das in Russland. Leo macht sich im Geheimen daran, die Fälle miteinander zu vergleichen, und stößt auf eine unglaubliche Verbrechensserie - und zweifelt immer mehr an einem sozialistischen Staat, wie er perverser und menschenverachtender nicht sein kann ...
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Meinung:
Das Hörbuch verspricht atemlose Spannung! Hatte ich erst eine CD eingelegt, dauerte es komischerweise nicht lange, bis die ca. 70 Minuten auch schon wieder vorbei waren. Es gibt so viele Wendungen, Überraschungen und neue Richtungen in der Geschichte, dass es nie langweilig wird! Ein absolutes Highlight dieses Buches ist seine Historizität. Immer wieder werden Informationen über das damals herrschende sozialistische System, dessen perfidem Geheimdienst und menschenverachtenden Auswüchen gegeben. Der Leser lernt Leo zunächst als getreuen und wirklich überzeugten Geheimdienstler kennen. Umso erschreckender ist es, was er im Namen der Sicherheit und des Schutzes tut: Denunziation, Einschüchterung, Verfolgung, Befragungen und und und. Sein Kollege Wassili jedoch ist schlimmer - er denunziert und tötet Menschen, um Macht auszuüben und auf der Karriereleiter nach oben zu klettern. Er ist es auch, der ein Auge auf Leos Position hat und Leo bis aufs Blut hasst. Diese Verwicklung bringt auch noch einmal Pfeffer in die Geschichte.
Die Charaktere sind solide ausgearbeitet. Man erfährt viel über den Protagonisten Leo, sein Leben, sein Denken und seine Überzeugungen, die im Verlauf der Geschichte jedoch ins Wanken geraten. Durch seine Augen und seine Wandlung wird dem Leser glasklar und erschreckend vor Augen geführt, wie widerwärtig und lebensgefährlich der Stalinismus war. Ich habe manchmal einfach nur noch den Kopf schütteln können! Mich haben die Beschreibungen geschockt, habe ich doch immer gedacht, der Nationalsozialismus im Dritten Reich sei die Hölle gewesen. Nein, Stalin und seine Auswüchse waren genauso schlimm!
Für viel Tempo sorgen die häufigen Wendungen der Geschichte, die der Leser so auch nicht vorhersagen kann. Auch Action kommt nicht zu kurz. Der Schreibstil ist zügig, es gibt keine überflüssigen Worte oder Passagen. Warum ich jedoch nur 4 statt 5 Sterne vergebe, hat mit dem Ende (bzw. der letzten CD) zu tun. Die Auflösung der Geschichte war mir zu konstruiert! Eindeutig! Da habe ich mich gefragt, wie, das war's jetzt? Das Ende war für mich sehr an den Haaren herbeigezogen und trübt den positiven Gesamteindruck, den ich von dem (Hör-)Buch sonst habe.
Der Sprecher: Bernd Michael Lade hat ganz am Anfang des Hörbuchs keinen so guten Eindruck auf mich gemacht. Seine Stimme klingt leicht verwaschen, auch dachte ich erst, er würde etwas leiern beim Vorlesen. Aber als ich mich erst einmal an seine Stimme und seinen Tonfall gewöhnt hatte, konnte ich ihm sehr gut zuhören und fand seine Art zu Lesen angenehm und ansprechend. Ja, Bernd Michael Lade IST Leo!
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Fazit:
Ein spannender, rasanter Thriller mit geschichtlichem Einschlag, der den Leser in ein Land und eine Zeit entführt, über die man als Deutscher wahrscheinlich gar nicht so viel weiß. Spannender Plot, besonders zum Ende hin arg konstruiert, aber sehr lesens- bzw. hörenswert.
4 von 5 Sternen