Rezension

Packend erzählte Familiengeschichte

Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid
von Alena Schröder

Bewertet mit 5 Sternen

Aufmerksam geworden bin ich auf dieses Buch bereits in der Vorschau des dtv Verlages. Der melodiös klingende Titel "Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid" weckte sofort mein Interesse und nach dem Lesen des Klappentextes war ich umso erfreuter, als ich feststellte, dass der Inhalt mich auch sehr angesprochen hat.

In dem Roman geht es um eine generationenübergreifende Familiengeschichte. Da wäre zum einen die 27-jährige Hannah, die sich ein wenig verloren fühlt und nicht so ganz weiß, was sie mit sich und ihrem Leben anfangen soll. Dann wäre da ihre Großmutter Evelyn, die nun schon fast hundert Jahre alt ist und ihr Ende kaum erwarten kann. Weiterhin geht es um Silvia, Hannahs Mutter und damit Evelyns Tochter. Außerdem gibt es auch noch einen Handlungsstrang zu Senta, Evelyns Mutter und damit Hannahs Uroma. Es trägt sich dann zu, dass Evelyn einen Brief aus Israel bekommt, in dem sie als Erbin eines geraubten und verschollenen Kunstvermögens ausgewiesen wird. Evelyn sperrt sich jedoch dagegen, möchte sich der Sache nicht annehmen und auch nicht darüber reden. Hannah dagegen möchte den Dingen schließlich auf den Grund gehen und lernt dabei einiges über ihre Familiengeschichte und auch über die verschiedenen Frauen in ihrer Familie.

Der Roman spielt in der Gegenwart und in der Vergangenheit. Beginnend in den 20er Jahren mit der Geschichte von Senta schlägt er einen Bogen über die vier Generationen bis zu Hannahs Geschichte in der Gegenwart. Das hat mir sehr gut gefallen. Die verschiedenen Zeitebenen gaben dem Buch sehr viel Tiefe und machten es spannend. Der historische Kontext ist gut recherchiert und dargelegt worden. Es geht sehr viel um den Nationalsozialismus. Evelyn wurde beispielsweise von ihrer Tante großgezogen, welche eine große Hitlerverehrerin war. Hannah kommt diesen Tatsachen dann bei ihrer Recherche auf die Spur und versteht immer mehr, warum Evelyn nicht über ihre Vergangenheit sprechen will. Die Beschäftigung mit ihrer Familiengeschichte hilft Hannah auch dabei, sich selbst besser kennenzulernen und zu verstehen, was sie von ihrem eigenen Leben eigentlich erwartet.

Den Schreibstil von Alena Schröder würde ich als eher einfach bezeichnen, was aber keinesfalls negativ gemeint ist. Er lässt sich sehr flüssig lesen, ist recht bildhaft und sorgt dafür, dass man nur so durch die Seiten fliegt. Die Charaktere sind mehrdimensional und sehr gut ausgearbeitet. Jede der vier Frauen ist auf ihre Weise sehr stark und unabhängig und man kann sich gut mit ihnen identifizieren. Jede hatte aber auch mit unterschiedlichen Problemen zu kämpfen, was natürlich auch den verschiedenen Zeiten, in denen sie lebten und aufwuchsen, geschuldet war. Auch wird im Laufe des Buches deutlich, was es eigentlich mit diesem doch etwas verschachtelten und längeren Titel auf sich hat.

Ich habe dieses Buch innerhalb weniger Tage gelesen und es hat mich sehr gut unterhalten. Ich kann es wärmstens empfehlen, es ist wirklich eine tolle und spannende Familiengeschichte mit interessanten Frauen und sehr vielen historischen Bezügen.