Rezension

Packend, fantasievoll & unterhaltend

Hollerbrunn - Tina Skupin

Hollerbrunn
von Tina Skupin

Bewertet mit 4 Sternen

Hollerbrunn“ ist der dritte in sich abgeschlossene Band der Buchreihe „Märchenspinnerei“. Dieses Projekt wurde von zwölf Autorinnen ins Leben gerufen, die sich mit ihren Lieblingsmärchen auseinandergesetzt und diesem entweder ein modernes oder düsteres, aber auf jeden Fall ein neues Gewand gegeben haben. Rausgekommen sind dabei Jugendbücher, Fantasyromane, Thriller, Romanzen und vieles mehr.

Die Autorin Tina Skupin hat sich mit dem Märchen „Frau Holle“ der Gebrüder Grimm beschäftigt. Ein wenig Modernität, traditionelle Alpensagen und einen Schuss Eiskönigin hinzugefügt und daraus einen Urban Fantasy Roman kreiert. Kreieren ist hier der richtige Ausdruck. Denn die Mischung aus Realität und mystischen, paranormalen Elementen hat eine ganz eigene Note. Dabei hat die Autorin ein paar der markanten Merkmale des Originals wie das Schütteln der Kissen, die Äpfel und den sprechenden Backofen beibehalten und diese auf geschickte, fantasievolle Weise eingebaut.

Im Großen und Ganzen ist diese Neuversion dem Original gar nicht so unähnlich. Es gibt eine Mutter, die zwei Töchter hat. Die eine ist hübsch, fleißig und freundlich und die andere übergewichtig, faul und rotzig. Die Faule wird bevorzugt, da es die eigene Tochter ist und die Fleißige muss alle Arbeiten erledigen und wird ausgenutzt. Nur geht es hier nicht um eine Spindel, die in einen Brunnen gefallen ist, sondern um das Bemühen einer Praktikumsstelle. Und dieses Praktikum wird, wie du dir wahrscheinlich schon denken kannst, bei Frau Holle(rbrunn) absolviert. Wie es der Goldmarie und der Pechmarie dabei ergeht, wird von den beiden abwechselnd aus der Ichperspektive wiedergegeben.

Doch in dieser Geschichte geht es nicht nur um Fantasiegebilde und Fiktion, sondern auch um ernste Themen. Denn genauso wie im Märchen geht es um Gut und Böse, Herzlichkeit und Bösartigkeit und um Moral. Und ich bin mir sicher, dass jeder Leser und jede Leserin auch aus diesem Fantasymärchen seine eigenen Lehren ziehen kann.
Denn dieser Roman handelt von Liebe, Vertrauen, Zwietracht, Eifersucht, Neid, Familienprobleme, Abschiede, Neuanfänge und ein nach wie vor brisantes Thema, nämlich Mobbing. Letzteres steht nicht unbedingt im Vordergrund. Aber die Gedanken eines betroffenen Menschen und deren Auswirkungen werden hier authentisch dargestellt. Überhaupt wirkten die Romanfiguren echt und glaubwürdig, was sich auch stark durch die Erzählweise bemerkbar machte. Denn wenn Marie erzählte, war der Stil eher nachdenklich und sanft. Und bei Pegg schroff und sarkastisch. Was übrigens auch sehr amüsant gewesen ist.

Der Schreibstil ist ohnehin flüssig und lebendig. Und durch seine Bildhaftigkeit entführte er mich in eine zauberhafte, prachtvolle Winterlandschaft, in die ich nur allzu gerne eintauchte. Überhaupt fesselte mich diese interessante, außergewöhnliche Mischung aus Mystery, Romantik und Spannung von Anfang an. Teilweise kam schon kriminalistisches Flair auf, da ich aufgrund der vielen Lügen und Geheimnisse mitgerätselt habe, was sich denn wohl wirklich auf Frau Holles sagenumwobenen Anwesen abspielt. Ich hatte so meine Theorien, die aber nie ganz aufgingen. Denn Tina Skupin hatte immer eine unvorhergesehene Überraschung parat.

Zum Schluss legte die Geschichte ordentlich an Tempo zu und war für meinen Geschmack etwas zu hektisch und chaotisch. Die Geschehnisse überschlugen sich förmlich und ich musste schon recht konzentriert lesen, um nicht den Überblick zu verlieren. Nichtsdestotrotz war es ein ziemlich zufriedenstellendes, schlüssiges, wenn auch teilweise trauriges Ende.

Fazit: Und die Moral von der Geschicht', traue dem ersten Eindruck nicht. Dieser Roman ist nicht nur für Fans von Märchenadaptionen geeignet, sondern auch für Liebhaber von packenden, fantasievollen und unterhaltenden Fantasymärchen, die in Schneelandschaften spielen. Die perfekte Lektüre für die Winter- bzw. Weihnachtszeit.