Rezension

Packend und tiefgründig

Stille - Tim Parks

Stille
von Tim Parks

Bewertet mit 5 Sternen

Der bekannte Journalist Harold Cleaver, durch die (falschen?) Enthüllungen seines Sohnes in dessen vielbeachtetem Bestseller völlig aus der Bahn geworfen, flieht in die Einsamkeit der Südtiroler Alpen, um zu finden, wonach er sich schon sein ganzes Leben lang insgeheim sehnt - Stille. Keine Talkshow, kein sonntägliches Pressefilzen, keine Diskussionen, keine Kritik… Aber die Gedanken lassen sich nicht so einfach abstellen, die harten Anschuldigungen nicht einfach vergessen (ist etwas dran?), die Erinnerungen jetzt erst recht nicht ausblenden. Die Zeitgeschichte erstarrt zwar zur unwichtigen Posse, dafür wird die persönliche Biographie zu quälender, immer aussichtsloserer Gewissheit. Man beobachtet den Protagonisten mit dem ambivalenten Gefühl, dass der Sohn dem Vater mit der reißerischen Romanbiographie "Im Schatten des Allmächtigen" großes Unrecht zufügt und doch in gewisser Hinsicht so sehr recht hat. Man fiebert furchtsam mit und hofft, dass Harold Cleaver es am Ende schaffen wird, sich der Vergangenheit und der Zukunft zu stellen und sich weiter zu entwickeln. Schließlich kann die heftige Konfrontation mit den ungelösten Fragen des Lebens in der Einsamkeit einer unwirtlichen Berghütte schnell lebensbedrohlich werden…

Ich finde es meisterhaft, wie Tim Parks die nicht enden wollenden Gedankensprünge Cleavers in den Fortlauf seines gegenwärtigen Alltags auf der Berghütte mischt - auf die Dauer ist dieses zerfleddernde Springen für den Leser recht anstrengend, aber wie ich finde, messerscharf real gezeichnet.

Ein wunderbares Buch.
Lesen.