Rezension

Packender Cold Case im hohen Norden

Totenweg - Romy Fölck

Totenweg
von Romy Fölck

Bewertet mit 5 Sternen

Deichgraben in der Elbmarsch, 1998: Die 14-jährige Marit Ott wird von ihrer besten Freundin Frida Paulsen ermordet in einem alten Stall aufgefunden, makaberes Detail: er liegt am "Totenweg". Kommissar Bjarne Haverkorn will den Mörder um jeden Preis fassen, doch er scheitert. Seiner Meinung nach, weil Frida ihm etwas verheimlicht.

Zwanzig Jahre später: Frida ist Polizistin geworden und lebt in Hamburg, Haverkorn steht inzwischen kurz vor der Pensionierung, der Fall Marit hat beide niemals losgelassen. Als in der Elbmarsch ein weiteres Verbrechen verübt wird, treffen die beiden nach vielen Jahren zum ersten Mal wieder aufeinander: Fridas Vater wurde brutal niedergeschlagen und in einem Straßengraben liegengelassen - er ringt im Krankenhaus mit dem Tod. Wer könnte Fridtjof Paulsen so etwas antun? Und vor allem: Warum?

Neue Ermittlungen in Deichgraben - für Haverkorn könnte dies womöglich die letzte Chance sein, Marits Mörder doch noch zur Rechenschaft zu ziehen, daher nimmt er den alten Fall in aller Stille noch einmal auf...

 

"Totenweg" ist vom Lübbe-Verlag als erster Fall des Ermittlerduos Haverkorn und Paulsen angekündigt, und mich hat dieser Reihenauftakt hellauf begeistert, sodass ich mir noch möglichst viele gemeinsame Ermittlungen wünsche.

Die beiden Protagonisten starten nicht gerade mit dem besten Verhältnis zueinander, Haverkorn misstraut Frida, weil er sich sicher ist, dass sie damals relevante Informationen zurückgehalten hat. Und für Frida ist Haverkorn eine lebendige Erinnerung an das schlimmste Trauma ihres Lebens. Auf den ersten Blick haben sie eigentlich kaum Gemeinsamkeiten, und noch dazu sind sie auch keine einfachen Charaktere - Haverkorn ist ein Eigenbrötler, was für die Polizeiarbeit eigentlich nicht gerade eine gute Eigenschaft ist, und auch Frida ist extrem verschlossen und lässt niemanden an sich heran. Es war sehr spannend, das ungleiche Paar dabei zu beobachten, wie sie sich im Lauf der Zeit dennoch zusammenraufen.

 

Der Cold Case, der mehr im Mittelpunkt steht als der Angriff auf Fridas Vater, war unheimlich packend und spannend, und weil es sowohl für Frida als auch für Bjarne ein so persönliches Anliegen war, den Fall endlich zu lösen, ging Marits Tod auch mir unheimlich unter die Haut. Nachdem im ersten Drittel des Buchs die Figuren eingeführt und viele Fragen aufgeworfen wurden, nahm die Handlung im Mittelteil mit weiteren Leichenfunden rasant an Fahrt auf, und als zum großen Finale alle bis dahin losen Enden zusammengeführt wurden, konnte ich den Krimi endgültig nicht mehr aus der Hand legen.

 

Für mich war es das erste, aber ganz bestimmt nicht das letzte Buch von Romy Fölck, denn ihr ist das Kunststück gelungen, einen für mich perfekten Regionalkrimi zu schreiben: Die Ermittlungen der Polizei spielen die Hauptrolle, und die manchmal neblig-graue, aber auch malerische Elbmarsch und ihre (im absolut positiven Sinne) etwas verkorksten und undurchsichtigen Bewohner steuern die düstere Atmosphäre zum perfekten Gänsehaut-Feeling bei, ohne sich dabei zu sehr in den Vordergrund zu spielen. Da sieht man mal wieder, dass richtig gute Krimis auch aus Deutschland kommen können, und nicht zwangsläufig aus Amerika oder Skandinavien ;-)