Rezension

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Packender Thriller

Die Akte Adenauer -

Die Akte Adenauer
von Ralf Langroth

Bewertet mit 5 Sternen

Kurz vor den zweiten Wahlen zum deutschen Bundestag wird Philipp Gerber zwischen seiner Vergangenheit und Gegenwart zerrissen. Geboren als Deutscher, ausgewandert in die USA, kämpfte er im zweiten Weltkrieg auf Seiten der Alliierten für das CIC. Kurz bevor er nach Harvard zurückkehren soll, erhält er einen Sonderauftrag. Denn die junge Demokratie steht auf dem Spiel.

Eigentlich soll Gerber im Fall seines verstorbenen Vorgängers beim BKA ermitteln, doch hinter dem Mord steckt mehr, als anfänglich zu erwarten war: denn Deutschland ist nicht alle Nazis losgeworden.

Die Akte Adenauer ist ein packender und gut recherchierter Thriller. Historische Tatsachen und Fiktion hat Autor Ralf Langroth perfekt miteinander verwoben und einen einzigartigen Politthriller geschaffen. Es sei dazu gesagt, dass Politthriller eines meiner Lieblinsgenre sind, auch wenn ich oft enttäuscht werde, denn viele verdienen entweder den Namenszusatz „Polit-“ eigentlich nicht oder lesen sich trockener als so manches Sachbuch. Die Akte Adenauer ist dagegen ein glänzendes Beispiel für dieses wundervolle Genre: fesselnd geschrieben und gleichzeitig politisch (dass es dann auch noch ein historischer Politthriller ist, ist das i-Tüpfelchen).

Phil Gerber ist ein durch und durch spannender Protagonist – traumatisiert von der Vergangenheit, zerrissen zwischen zwei Identitäten und in der Lage, alles reflektiert zu betrachten. Obwohl er sich selbst anfangs als Amerikaner betrachtet, arbeitet er bereitwillig mit der Journalistin einer von den Kommunisten finanzierten Zeitung, zusammen. Dennoch zieht sich eins durch sein gesamtes Handeln: Der Hass auf die Nazis. Nicht nur, weil er und seine Familie vor dem zweiten Weltkrieg vor ihnen flüchten mussten, sondern viel mehr wegen seiner Erlebnisse im Krieg.

Erzählt wird der Thriller hauptsächlich aus Gerbers Perspektive, aber auch aus der, der Journalistin Eva Herden. Und aus der Perspektive des Täters, wobei es sich hierbei immer nur um kurze Einschübe handelt, die auch durch die Formatierung hervorgehoben werden. Diese Passagen sind vage gehalten und geben dem Leser gerade genug Informationen, um einen Eindruck davon zu bekommen, mit wem Gerber es zu tun hat. Gerade diese Informationshappen erhöhen die Spannung weiter. Die Kapitelaufteilung erfolgt anhand der verbleibenden Tage bis zur zweiten Bundestagswahl der Geschichte – während sich also der Druck auf Gerber erhöht, wächst auch die Gefahr für das demokratische Deutschland.

Stilistisch ist es ein gelungener Thriller. Die Beschreibungen sind ausreichend, um einen sehr bildlichen Eindruck der Umgebung und Gegebenheiten zu schaffen – selbst wenn man nicht unbedingt weiß, wie Bonn in den 50ern aussah. Adenauers inzwischen wohl ikonischer Dialekt ist mühelos eingewoben und wirkt nicht, als hätte der Autor beim Schreiben etwas erzwungen. Auch die Darstellung anderer bekannter Personen (u.a. Herbert Wehner) scheint sehr gelungen, soweit es der Außeneindruck dieser Personen eben zulässt, etwas Derartiges zu beurteilen.

Für mich, ohne Zweifel, das Highlight meines bisherigen Lesejahres!