Rezension

Pageturner, aber nicht so stark wie die Vorgänger

Die Karte -

Die Karte
von Andreas Winkelmann

Bewertet mit 4 Sternen

Im Herzen Hamburgs wird eine Joggerin mit einem Hundehalsband stranguliert, einem Mann wird ein Auge ausgestochen, ein alter Mann fährt mit einem amputierten Unterschenkel durch die Gegend. All das an einem Abend und bald stirbt die nächste Joggerin. Ermittler Jens Kerner hat viele Spuren zu verfolgen, eine führt zu einer Instagram-Laufgruppe. Die Mitglieder tracken ihre Strecken und posten diese fleißig. Wie kann Kerner mit seinem Team dem Täter auf die Spur kommen? Warum tötet er genau diese Frauen und wie können weitere geschützt werden?

Bei einem neuen Winkelmann muss ich mittlerweile nicht mehr überlegen, ob ich das Buch möchte, sondern nur planen, wie ich es möglichst schnell zuhause habe. Entsprechend war der vierte Teil der Kerner-Reihe „Die Karte“ quasi in meinem Warenkorb, noch bevor ich überhaupt einen Blick auf den Klappentext geworfen hatte. Seine Pageturner haben mich schon aus Leseflauten geholt und daher hatte ich auch hier wieder extrem hohe Erwartungen.

Hier ist mal wieder ein aktuelles und spannendes Thema verarbeitet worden, der Schreibstil ist extrem rund, gut lesbar, mit recht kurzen Kapiteln samt Cliffhangern und trägt so dem Verschlingen des Buches bei. Dafür sorgten auch hier wieder die Perspektivwechsel, die z.B. auch Einblicke in die Gedanken des Mörders zuließen. Auch Spannung baut sich schnell auf, viele kleine Fallstricke liegen für Kerner und sein Team in der Gegend, es wird brandgefährlich und emotional. Kerner wird diesen Fall sicher so schnell nicht vergessen…
… und ich auch nicht, denn wieder nimmt sich der Autor die sozialen Medien vor und zeigt eindrucksvoll ihre Gefahren. Teilweise machen es die Opfer den Tätern einfach zu leicht, ganz wie die Opfer in diesem Buch.

Ein Manko war, dass ich dieses Mal schon verhältnismäßig schnell eine Idee zum Ausgang hatte, die dann auch so tatsächlich zutreffend war. Zwar fehlte noch der Name, und ich konnte natürlich auch keineswegs sicher sein, dass es wirklich so kommen würde, aber ich hätte schon eine kleine Wette abgeschlossen. Bisschen gestört hat mich auch der fast schon oft thematisierte Männerhass – und das sage ich als Frau. Ich möchte hier keine Gender-Debatte eröffnen und Frauen haben auch heute noch mit gewissen Vorurteilen zu kämpfen, aber eine taffe Frau muss nicht gleich ein Problem mit Männern haben.

Unter dem Strich war der Fall echt spannend, die Ermittlung unterhaltsam, es gab schockierende Momente, aber es war für mich trotzdem eher eines der schwächeren Bücher der Reihe. Dennoch empfehle ich diesen Thriller gerne weiter und hoffe, dass es eine nächste Geschichte um Kerner & Oswald geben wird, denn ein Pageturner war dieses Buch auch, nur eben nicht ganz so sehr, wie die Vorgänger.

Wer die Reihe nicht kennt, kann hier theoretisch einsteigen, denn die Fälle sind in sich geschlossen, aber ich würde dennoch mit dem ersten Teil beginnen, auch um die Beziehungen im Kommissariat besser nachvollziehen zu können.