Rezension

Pageturner vom Feinsten!

Zwei Handvoll Leben - Katharina Fuchs

Zwei Handvoll Leben
von Katharina Fuchs

Bewertet mit 5 Sternen

Handlung:
1913

Auf Gut Feltin lebt Charlotte als einziges Kind von Richard und Cäcilia. Sie alle unterstehen dem Wort des Vaters und fürchten sich vor seinen Zornausbrüchen. Richard will seinen Besitz stets mehren und fürchtet, dass ein möglicher Ehemann seiner Tochter nur auf das Gut und die Ländereien aus ist. Im Großen und Ganzen ist Charlotte vollkommen zufrieden und besonders freut sie sich darauf, von ihrer Tante in die Leipziger Gesellschaft eingeführt zu werden, noch dazu ist sie zum ersten Mal verliebt. Doch dann kommt der Krieg und verändert ihr Leben.

 

Währenddessen lebt Anna mit ihrer Familie im Spreewald in beischeidenen Verhältnissen. Um ihrer Tochter eine aussichtsvolle Zukunft zu bieten, zahlen die Eltern ihr eine Ausbildung zur Schneiderin, die sie mit Bravour meistern. Doch auch sie trifft der Krieg, ihr Jugendfreund gilt als vermisst und Anna begibt sich nach Berlin, in der Hoffnung, dort eine Anstellung zu finden. Nach einigen Tagen liest Anna, dass im berühmten und luxuriösen Berliner Kaufhaus KaDeWe Verkäuferinnen gesucht werden. Das ist doch ihre große Chance...

 

Viele Jahre später lernen sich Anna und Charlotte kennen und merken, dass ihre Lebensgeschichten viele Unterschiede, doch auch einige Gemeinsamkeiten aufweisen...

Meinung:
Das Cover hat mir schon auf Fotos im Internet gut gefallen, in echt sieht es nochmal schöner aus. Alles ist stimmig und rund, jedes Detail passt. Durch die lila-Töne wirkt es sehr warm und einladend, man fühlt sich fast gezwungen, das Buch in die Hand zu nehmen, es näher zu betrachten und darin zu blättern. Im Hintergrund ein Teil des KaDeWe, welches eine große Rolle spielen wird, im Vordergrund laufen zwei Frauen, die vertraut erscheinen. Ich bilde mir gerne ein, dass es sich hierbei um Charlotte und Anna handelt, die beiden Hauptprotagonisten des Romans.
 

Es findet eine Unterteilung in zwei Bücher statt, das erste Buch behandelt die Zeit vor und nach dem Ersten Weltkrieg, der zweite Teil bezieht sich eher auf die Zeit kurz vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg. In dieser Zeit vergehen viele Jahre, als Leser hat man Anna und Lotte aufwachsen sehen, hat mit ihnen Höhen und Tiefen erlebt. Auch wenn nicht immer eine explizite Jahreszahl oder zeitliche Einordnung stattfindet, entstand bei mir nie das Gefühl, etwas zu verpassen oder wichtige Dinge nicht zu erfahren. In jedem Kapitel wurde stets das Wichtigste aus dem Leben der beiden Damen beschrieben und ab und an gab es noch ein paar zusätzliche Informationen.

Die kurz gehaltenen Kapitel haben stets den Namen der Dame dastehen, deren Erlebnisse gerade geschildert werden. Oft umfassen die Abschnitte bloß vier bis fünf Seiten uns lassen sich fix lesen, was sehr praktisch ist, wenn nicht viel Zeit zum lesen da ist.

 

Als Erzählperspektive wurde ein personaler Erzähler gewählt, der die Handlung aus zwei Perspektiven erzählt. Dies findet stets ohne Wertung statt, diese fließt erst durch die Worte und Taten von den handelnden Personen ein. Somit ist es möglich, sich als Leser selbst eine Meinung zu bilden und die Personen frei einzuschätzen. Ab und an gibt es leichte Tendenzen, dass die Sympathie ein wenig in bestimmte Richtungen gelenkt wurde, dies findet jedoch verborgen statt und ist nicht stark auffallend. Eher helfen die besagten Personen durch ihre Taten, einen negativen Eindruck beim Leser zu hinterlassen.

 

Der Roman wird beherrscht von einer äußerst angenehmen Schreibweise, die neben der spannenden Handlung stark dazu beiträgt, das Werk nicht mehr aus der Hand legen zu wollen. Einmal angefangen mit Lesen fiel es mir unglaublich schwer, das Buch aus der Hand zu legen und eine Pause zu machen. Eine Folge dessen war es leider, dass ich das Buch schnell ausgelesen hatte, wo ich doch gerne noch mehr Zeit mit Anna und Lotte verbracht hätte,

Für mich ist es der Autorin besonders gut gelungen, die verschiedenen Stimmungen einzufangen, die in manchen Situationen herrschen. Sei es eine schlechte Laune von Protagonisten, die unangenehme Stimmung bei Streitigkeiten oder bei Partys, auf denen die Protagonisten manchmal lieber nicht gewesen wären. Diese waren so spürbar und lebendig beschrieben, dass man sich fast als Teil des Romans gefühlt hat.

 

Mit der Darstellung von Anna und Lotte wurden zwei starke Frauen gewählt, deren Leben bewegt war. Ich finde es ist der Autorin exzellent gelungen, ihnen Leben einzuhauchen und diese packende Lebensgeschichten zu erzählen. Besonders in Anbetracht der Tatsache, dass hier zwei reale Geschichten erzählt werden. Doch aus jeder Zeile sticht deutlich heraus, wie tiefgehend die Autorin nicht nur in dem Leben ihrer Großmütter gegraben und geforscht hat, sondern auch in der allgemeinen Geschichte.

Beide Geschichten der Damen sind wirklich interessant geschrieben, was vor allem an deren sympathischen und freundlichen Wesen liegt. Sie sind in vollkommen unterschiedlichen Lebensumständen aufgewachsen, während Charlotte die einzige Tochter eines Gutsbesitzers ist, lebt Anna mit ihren Eltern in bescheidenen Umständen im Spreewald. Im Laufe der vielen Jahren werden sie älter und reifer, man kann die Wandlung von schüchternen Mädchen zu selbstbewussten Frauen mit Zielen deutlich mit ansehen. Sie stechen unter der Menge an Charakteren deutlich heraus und ich habe sie gerne auf ihrem Weg begleitet. Anna und Lotte waren mir stets freundliche Wesen, die viel geschafft haben und einiges aufgeben mussten. Ich habe mit ihnen gelitten und mich gefreut, ich hätte beide gerne persönlich kennengelernt, sie müssen fantastische Frauen gewesen sein.

 

Leider finde ich den Klapptext des Buches nicht hundertprozentig stimmend. Es wird angedeutet, dass Anna und Charlotte sich durch die Ehe ihrer Kinder kennenlernen und sich einander offenbaren. Das stimmt, doch durch die Erwähnung im Klapptext habe ich darauf gewartet, wann dieses Treffen stattfinden wird. Nicht wie anfangs angenommen, ungefähr zur Mitte des Buches, sondern ein Treffen findet erst gegen Ende des Romans statt. Das ist etwas irreführend und hätte anders formuliert werden können.

Fazit:

Schon als ich den Roman in der Verlagsvorschau des Droemer Knaur Verlages gesehen habe, hatte ich gedacht, dass mir der Roman ziemlich gut gefallen könnte. Nach wenigen Seiten hat mir die Handlung richtig gut gefallen und am Ende bin ich mehr als begeistert von dem Roman. Mir fällt kein einziger Punkt ein, der mir nicht gefallen hat oder den ich negativ bewerten würde. Ich habe nichts zu meckern und muss ehrlich zugeben, dass das Buch mein bisheriges Highlight des Jahres war. Ein toller Roman, den ich jedem ans Herz legen möchte.