Rezension

"Parfüm ist das erste Kleidungsstück, das man auf der Haut trägt." (Jean-Paul Gautier)

Die Douglas-Schwestern
von Charlotte Jacobi

Bewertet mit 5 Sternen

1910 Hamburg. Mit der Begegnung von Berta Kolbe und einem gemeinsamen Parfümeriebesuch stand für Marie Carstens schon als kleines Mädchen fest, dass sie ebenfalls einmal eine Parfümerie besitzen möchte, denn sie liebt die betörenden, blumigen Duftnoten in den gläsernen Flakons mit ihren wunderschönen Phantasienamen. Gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester Anna und der Unterstützung von Berta Kolbe, die den Namen des Unternehmens ihres Mannes beisteuert, eröffnet sie in bester Lage am Neuen Wall ihr eigenes Parfümeriegeschäft „Douglas“, um dort die feine Hamburger Gesellschaft mit den exquisitesten Düften zu versorgen. Schon bald ist ihr Laden in aller Munde, doch die beiden Schwestern haben neben ihrer ständig nörgelnden überängstlichen Stiefmutter auch gegen Konkurrenz sowie gesellschaftliche Widerstände und politische Ereignisse zu kämpfen…

Das Autorenduo Charlotte Jabobi hat mit „Die Douglas-Schwestern“ einen sehr unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der teils fiktional teils nach belegten Tatsachen dem Leser die Pionierinnen des heutigen Douglas-Imperiums näher bringt. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser in das vergangene Jahrhundert eintauchen, um sich im Carstens-Haushalt  für die Zeit von 1909 bis 1920 einzunisten und am Leben, vor allem dem der Schwestern, hautnah teilzuhaben. Die Autoren zeichnen in ihrer Handlung nicht nur ein für die damalige Zeit ungewöhnliches Bild selbstbewusster Frauen mit Geschäftssinn, sondern untermalen ihre Geschichte mit allerlei historischem Background wie die damalige Mode, die Weltausstellung 1910, das Treffen mit der russischen Zarenfamilie und Coco Chanel oder auch die Erwartung des Halley’schen Kometen, der so manchen an einen Weltuntergang glauben ließ. Zudem lassen sie dem Leser nebenbei eine Fülle an Informationen über die Parfümherstellung angedeihen, die sehr geschickt in die Handlung eingebaut sind. Grasse gilt heute noch als Mekka für Parfümeure mit seinen Blumenplantagen und daraus gewonnenen Duftnoten. Der Spannungsbogen zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte, denn es ist nicht nur fesselnd, der Realisierung des Geschäftes beizuwohnen, sondern auch den unterschiedlichsten namhaften Persönlichkeiten zu begegnen und die gesellschaftspolitische Entwicklung zu beobachten.

Die Charaktere sind liebevoll in Szene gesetzt und mit Leben gefüllt worden, sie wirken realitätsnah und authentisch. Der Leser fühlt sich wohl in ihrer Mitte, schaut ihnen über die Schulter und verfolgt interessiert ihren Lebensweg, wobei er regelrecht mitfiebert. Marie ist eine energische, selbstsichere und entscheidungsfreudige Frau, die manchmal recht impulsiv reagiert. Sie lässt sich durch nichts und niemanden von ihrem Weg abbringen. Anna ist die eher ruhigere und besonnenere Schwester, die zwar Maries Duftliebe teilt, jedoch pragmatischer an die ganze Sache herangeht. Berta Kolbe fungiert nicht nur als ältere Freundin, sondern auch als große Unterstützerin der beiden Schwestern, zumal sie selbst durch unglückliche Umstände selbst zur Geschäftsfrau wurde. Die Stiefmutter von Marie und Anna ist ein Quell ewigen Leidens und Seufzens, sie nörgelt ständig herum und heischt eigentlich nur nach Aufmerksamkeit. Aber auch Monsieur Caron, Coco Chanel, Johannes Karstadt und einige andere machen diese Geschichte so lebendig und kurzweilig, dass man sich ihrem Sog nicht entziehen kann.

„Die Douglas-Schwestern“ fesselt mit einer sehr unterhaltsamen Handlung, starken Frauen und einer historischen Gründungsgeschichte, bei der der Leser auch noch so einiges über die Welt der Düfte lernen kann. Absolute Leseempfehlung!