Rezension

Passender Titel

Vorbei ist eben nicht vorbei -

Vorbei ist eben nicht vorbei
von Kirsten Boie

Bewertet mit 5 Sternen

Ein schöner, emotionaler Jugendroman, der eine Zeit beleuchtet, die wenig im Fokus liegt: Die Nachkriegszeit. Vielen ist vermutlich gar nicht bewusst, dass die Kinder kurz nach dem Krieg gar nicht wussten, in was ihre Eltern eventuell verwickelt waren, so auch die Heldin der Geschichte: Karin

1961, der Krieg ist vorbei, fast jeder hat jetzt einen Fernseher, das Leben in Deutschland ist unbeschwert, könnte man meinen. So auch die anfangs 13-Jährige Karin, die das Verbot ihrer Wunschfrisur für das Schlimmste hält, zu dem ihre Eltern fähig sind. Im Austausch mit ihrer Freundin Regina hört sie zum ersten Mal, was im Krieg mit den Juden passiert ist. Angesprochen darauf reagiert ihre Mutter wütend und will keine Juden gekannt haben, Karin könne sich nicht vorstellen, wie das war. Aber wie kann es sein, dass es bei keinem der Erwachsenen Juden in der Gegend gab? Zumindest ihre Eltern lügen doch nicht! Lange kann sie das Vertrauen in ihre Eltern nicht wahren, denn manch Beweis lässt sich nicht durch Worte wegwischen. Und was man einmal weiß, weiß man. Die Flut, die über ihre Heimat einbricht, zerstört auch die letzte Leichthaftigkeit und Karin beginnt ein ernsthafter Teenager zu werden, der die Vergangenheit nicht loslassen kann, denn vorbei ist eben nicht vorbei. 

 

Kirsten Boie holt die Lebensrealität Jugendlicher  aus den 60er Jahren erfolgreich in die Gegenwart. Sie verleiht dem historischen Begriff “Nachkriegszeit” Merkmale, Gesichter und Emotionen, über die man sich zu wenige Gedanken macht. Wie ging es für die Leute nach dem Krieg weiter? Welche Schuld lastet auf wem und was erzählen diejenigen, die vor Jahren beim Tod von Kindern weg sahen, nun ihren eigenen? Die Autorin lässt ihre Figur unangenehme Fragen stellen, macht Geschichte zu etwas Greifbarem, das nicht nur als Wissen im Lehrbuch vermittelt wird und erinnert daran, dass man nie vergessen sollte, wozu Menschen fähig sind. Dabei bleibt sie dem Genre des Jugendromans stets gerecht, wobei sich dieser für jede Generation eignet, schließlich handelt der Roman von einem Generationenkonflikt.