Rezension

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Perfekt ist eben nicht zwangsläufig Gut

Melodie der Liebe - Nora Roberts

Melodie der Liebe
von Nora Roberts

Bewertet mit 1 Sternen

Ich lese Nora Roberts Bücher wirklich gern. Ähnlich wie Nicholas Sparks und Susan Mallery ist es einfache Lektüre, die dich in eine bessere Welt versetzt und dich den schnöden oder ärgerlichen Alltag vergessen lässt. In dieser besseren Welt ist natürlich nichts perfekt, die Helden und Heldinnen haben genauso mit ihren Dämonen zu kämpfen und zunächst läuft nichts so, wie sie es gern hätten. Aber dann wiederum handeln alle Personen nach dem einen Muster: Sie sagen und tun das, was auf langfristige Sicht das richtige ist. Und auch wenn es dann mal zu Missverständnissen kommt, liegt es nicht daran, dass ein Protagonist zu kurzsichtig ist oder schlicht nicht das richtige fühlt oder sagt, sondern es liegt an der Situation, die das Falsche tun lässt.

Natasha und Spence. Sie hat eine bewegende Vergangenheit mit Flucht aus der Ukraine, junge Schwangerschaft, gebrochenes Herz und Verlust des Kindes hinter sich. Er hat eine schwierige Entwicklung vom egozentrisch, verwöhnten Genie zum bescheidenen, bodenständigen, fürsorglichen Vater hingelegt. Das übliche eben. Die Geschichte als solche ist nichts extravagantes oder dramatisches, es ist eine simple Liebesgeschichte mit dem nötigen Geheimnisvorrat um die Spannung aufrecht zu erhalten. 

Und obwohl mir gerade das bei Nora Roberts nicht immer, aber oft gut gefällt, bin ich diesmal doch sehr distanziert geblieben. Zum Einen finde ich es komplett unrealistisch (auch für das Erscheinungsjahr 1990) wie die fünf-/sechs-jährige Tochter dargestellt wird. Natürlich ist das Verhalten von Kindern auch von der Umwelt her abzuleiten. Aber so ein braves, vernünftiges und verständiges Mädchen ist mir schon fast unheimlich. Kinder sind auch und vor allem in dem Alter nicht vernünftig. Da ist die Fantasie mit der perfekten Welt mit Nora Roberts durchgegangen. Das fand ich schon fast ärgerlich. Natürlich weiß Freddie auch ganz genau, wie sie ihren Vater um den Finger wickeln kann, aber das passiert in dem Alter auch nicht mit der Berechnung genau zu wissen, dass er nachgeben wird, sondern fast unterbewusst. Am allerschlimmsten finde ich die Vorstellung, dass Spence nicht die geringsten Probleme damit hat, Haare zu kämmen und Zöpfe zu flechten. Ich erwarte ja keine realistisch-dramatische Vorführung der Probleme von Vater und Tochter, aber ein bisschen weniger Zuckerguss und mehr "Ich hab dich lieb, auch wenn du ein kleiner Teufel sein kannst" hätte mir besser gefallen. Apropos, Zuckerguss. Die Szene, in der Spence mit seiner Tochter auf dem Schoss am Flügel sitzt und ihr versucht eine kleine Melodie beizubringen. Geht gar nicht. Sorry. Aber eine fünfjährige sitzt nicht still auf dem Schoss und übt konzentriert die Finger auf die richtigen Tasten zu setzen und schon gar nicht lässt sie sich geduldig die Führung vom Vater auf den Händen gefallen. Sie will normalerweise selbst lernen und schlägt die helfenden Finger sofort zur Seite, weil sie das schon kann und zeigen möchte und allenfalls darf man es ihr nochmal zeigen, aber auf keinen Fall die Führung übernehmen! (Mal ganz davon abgesehen, dass als Natasha den Raum betritt die beiden einträchtig in warmen Sonnenstrahlen mit dem Rücken zu ihr sitzen und in schönster Harmonie alle Realität nach Hause schicken).

Ich rege mich hier künstlich auf, obwohl ich ja genau weiß, worauf ich mich eingelassen habe. Aber ich finde es einfach schade, dass der gewohnte Genuss dieser sonst guten, leichten Unterhaltung so ins kitschig-lächerliche gezogen wurde. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die Geschichte fast so alt ist, wie ich und das den Unterschied macht. Wobei Roberts Romane eher zeitlos sind und eigentlich immer passen. Sollten. 

Fazit. 

Das wird nicht die letzte Geschichte von Nora Roberts sein. Aber da ich jetzt quasi den Overkill habe, werde ich die nächsten Geschichten entweder stärker auseinander nehmen, als ich es normalerweise tue. Oder ich werde für ein paar Monate komplett die Finger davon lassen. Sonst bin ich immer gut unterhalten, und man dem lockeren Stil auch gut folgen, aber wenn der Inhalt so abwegig ist, dann macht es einfach keinen Spaß.