Rezension

Perfekte Einsteigerdystopie

Eve & Caleb 01. Wo Licht war - Anna Carey

Eve & Caleb 01. Wo Licht war
von Anna Carey

Inhalt:

Nach einer verheerenden Epidemie ist die Menscheit auf ein Minimum geschrumpft, die Regierung außer Kraft gesetzt und das Land zerstört. Ein Mann hat seine Chance genutzt und sich zum König ernannt, eine Stadt in der Wüste erbaut und Waisenkinder getrennt nach ihrem Geschlecht in Akademien geschickt, wo sie bestmöglich ausgebildet werden. Das ist zumindest das, was man den Mädchen beibringt, denn die Wahrheit erfahren sie erst wenn es zu spät ist. Nach ihrer glorreichen Ausbildung werden sie nämlich zu Brutkästen degradiert, die ihr Leben lang so viele Kinder wie möglich gebären sollen, damit Amerika wieder bevölkert wird.

Eve erfährt gerade noch rechtzeitig von ihrem grausamen Schicksal und vermag zu fliehen. Doch das Überleben in der Wildnis ist schwer, vor allem wenn man weder jagen, noch Feuer machen kann. Dann stellt sich auch noch heraus, dass der König selbst hinter Eve her ist, denn er will einen Erben und sie scheint die perfekte Mutter zu sein - schön, intelligent und bedingungslos loyal. Unterwegs trifft sie auf Caleb, der sie vor den Häschern des Königs beschützt. Zuerst traut sie ihm nicht, denn jahrelang hat man ihr eingetrichtert, dass Männer die reinsten Barbaren sind, doch schnell merkt sie, dass sie Gefühle entwickelt, die in dieser Welt keinen Platz haben dürfen...

Die Protagonistin:

Eve ist Klassenbeste - ein Vorbild für viele Schülerinnen. Nach dem ihre Mutter  an der Seuche erkrankt ist, wurde Eve in eine der Schulen geschickt, wo sie sich förmlich in die Arbeit gestürtzt hat. Sie hat Freunde gefunden und ihr Schicksal akzeptiert, auch wenn sie den Verlust ihrer Mum nie ganz verwunden hat. Eve hatte nie auch nur den geringsten Zweifel am System, am Lehrstoff oder ihrer Zukunft bis sie eine ihrer Klassenkameradinnen bei der Flucht beobacht. Ausgerechnet das Mädchen, dessen Eltern in der Stadt auf sie warten. Wovor also sollte sie fliehen? Das ist so unlogisch, dass selbst Eve wachgerüttelt wird und Nachforschungen anstellt. Durch eine glückliche Fügung des Schicksal gelingt sodann auch ihr die Flucht, obgleich sie so krampfhaft loyal ist, dass sie am liebsten die Augen vor der Wahrheit verschlossen hätte und aus Bequemlichkeit in der Schule geblieben wäre. In der Wildnis selbst stellt sie sich teilweise lachhaft blöd an, doch im Herzen meint sie es immer gut, auch wenn sie oberflächlich ziemlich egoistisch erscheint.

Eigene Meinung:

"Eve & Caleb - Wo Licht war" von Anna Carey lockt mit einem äußerst ansprechenden Cover, das erstaunlich fröhlich für eine Dystopie ist. Tatsächlich ist es eines der wenigen Bücher, deren Leseprobe ich vorher gelesen habe, und in dem Fall hat der wirklich spannende Einstieg mich dann sogleich neugierig gemacht. Wobei neugierig gar kein Ausdruck ist, wenn ich bedenke, WIE dringend ich diesen Roman haben wollte.

Der Schreibstil ist sehr simpel gehalten, dafür aber auch bildhaft und flüssig. Zu der geringen Seitenzahl hätte aber auch kein komplexer Schreibstil gepasst - wie hätte sonst alles da rein passen sollen? So stellt sich also schnell heraus, dass man wahrhaft kein anspruchsvolles Werk in Händen hält, dafür aber kurzweilige Unterhaltung geboten kriegt. Erzählt wird die Geschichte aus Sicht von Eve aus der Ich-Perspektive,  sodass man steten Zugang zu ihrer Gedanken- und Gefühlswelt kriegt.

Umso ärgerlicher, dass ich mit Eve einfach nicht warm wurde. Erst erlebt man die Streberin, die einfach nichts hinterfragt und scheinbar null Eigeninitiative entwickelt. Dann das naive, völlig aufgeschmissene Mädchen, das in der Wildnis versagt, was man ihr zu Anfang ja nicht mal übel nehmen kann, weil sie es einfach nicht anders gelernt hat. Allerdings  hab ich mich die meiste Zeit gefragt, wann sie endlich kapiert, dass sie mal was an ihrer Einstellung ändern und wirklich mal handeln muss! Zwischenzeitlich ist auch richtiges Fremdschämen geboten. 
Gott sei Dank, trifft sie schon kurze Zeit später auf ihre Ex-Mitschülerin Arden, die sie als egoistische, fiese Einzelgängerin im Kopf hat. Durch die so beliebte Ich-Perspektive sieht man Arden zu Anfang eben genauso, dabei stellt sich schnell heraus, dass sie die interessanteste Figur im ganzen Buch ist. Ardens Entwicklung ist einfach spannend und traurigerweise der Teil der Story, der die größten Überraschungen birgt.

Caleb kommt meiner Meinung nach viel zu kurz. Der kreative Titel verrät ja schon, dass Eve auf ihr männliches Pendant, genannt Caleb, treffen und allen Vorurteilen zum Trotz, sich tatsächlich in ein männliches Exemplar unserer Spezies verlieben wird. Dass dieser Titel nun mal die Erwartung an eine große Lovestory weckt, erklärt sich doch von selbst, leider geht diese im "Eifer des Gefechts" immer wieder unter und berührt mich persönlich an keiner Stelle - abgesehen vielleicht von dem fiesen Ende.

Die Geschichte kickt sich durch den spannenden und schockierenden Anfang leider selbst ins Aus. Die gebotene Spannung kann leider nicht gehalten werden und sinkt immer weiter ab. Auch wenn es durchaus einige Szenen gibt, die großes Potential hatten, waren diese leider viel zu vorhersehbar, um wirklich zu überzeugen. 

Abgesehen von meinem Gemecker ist "Wo Licht war" aber nicht zu verachten. Die geringe Seitenzahl hält, was sie verspricht, und bietet kurzweilige Unterhaltung, die vielleicht kein Meisterwerk, aber auch nicht langweilig ist. Das Preis-/Leistungsverhältnis überzeugt auf ganzer Linie und gerade für Dystopieneinsteiger ist Anna Careys Roman eine Empfehlung wert. Ich werde die Reihe natürlich weiter verfolgen, denn ich habe keine Ahnung, in welche Richtung sich das Ganze entwickeln wird. Und wer weiß? Vielleicht kann mich die Trilogie als Gesamtpaket ja doch noch überzeugen.

Fazit:

Anna Careys "Eve & Caleb - Wo Licht war" ist die perfekte Einsteigerdystopie. Sie ist schnell gelesen, nicht sonderlich anspruchsvoll und durchaus unterhaltsam. Die Charaktere sind nicht immer die größten Sympathieträger und durchaus keine Meisterleistung, aber ich denke, dass jeder auf seine Kosten kommt und seine Lieblingsfigur findet. Die Lovestory ist mir in Abetracht des Titels viel zu fad, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Alles in allem eine mittelmäßige Leistung, die aber durchaus Lust auf die Fortsetzung macht. 3/5 Bücher!