Rezension

Perfekter Abschluss einer außergewöhnlichen Reihe

Die Vernichteten - Ursula Poznanski

Die Vernichteten
von Ursula Poznanski

Bewertet mit 5 Sternen

In den letzten Jahren hat mich eine ganz besondere Jugendbuchreihe begleitet. Besonders, weil sie mich mit jedem Band mit ihrer Genialität ein wenig mehr fasziniert hat. Die Autorin spricht in ihrer Zukunftsvision viele Themen an die mich bewegen, und mich zwingen mit offenen Augen durchs Leben zu gehen. Nicht zu rennen, und die Welt um mich herum wahrzunehmen. Sie machte mich auf Dinge aufmerksam, die ich im Alltag wohl oft übersehe und wahrscheinlich sehr vermissen würde, wenn ich auf sie verzichten müsste. Aber nicht nur deswegen ist die Eleria – Reihe von Ursula Poznanski etwas Besonderes. Vor allem weil die Autorin einen kompletten Genrewechsel vollzogen und sich einem für sie sehr untypischen Thema angenommen hat. Nur wenige Autoren schaffen dies, ohne unglaubwürdig zu wirken. Nachdem ich die beiden ersten Bände „Die Verratenen“ und „Die Verschworenen“ mit großer Begeisterung gelesen hatte, sehnte ich den finalen Band „Die Vernichteten“ entgegen. Endlich sollten alle Rätsel gelöst und das große Geheimnis in seiner ganzen Grausamkeit offenbart werden.

Dieser finale Band beginnt in einer dem Leser bekannten Kulisse: der Stadt unter der Stadt, einem Versteck das Ria und Tycho nicht vor falschen Freunden oder Verrat schützt. Obwohl es ganze neun Monate des Wartens hinter mir lag, gab es für mich keinerlei Schwierigkeiten wieder in die Handlung zu finden. Alle vergangenen Ereignisse und die literarischen Figuren, auf deren Wiedersehen ich regelrecht hin gefiebert habe, waren mir immer noch sehr präsent. Trotzdem liefert Ursula Poznanski dem Leser ein paar Gedächtnisstützen und beginnt in einem angenehmen Tempo zu erzählen.

In einer sehr ausgereiften und bildhaften Sprache wird die Geschichte von Ria und ihren Freunden, die aus einer vor Kälte und Außenbewohnern geschützten und mit vielen Privilegien ausgestatteten Sphäre fliehen mussten. Auf ihrer Flucht durch karge und schneebedeckte Landschaften war jeder Tag ein Kampf ums nackte Überleben. Auf der Suche nach Antworten ist Ria auf ein schreckliches und gut gehütetes Geheimnis gestoßen. Ein gefährliches Virus mit einer sehr hohen Mortalität, das aus Rache alle Sphären und ihre ahnungslosen Bewohner vernichten soll. Und nur ein Mensch besitzt das Gegenmittel und damit die Möglichkeit, die Menschen vor dem sicheren Tod zu bewahren. Doch dieser hält an seinem tödlichen Plan fest.

In diesem Band lernen wir Leser viele neue und perfekt gezeichnete Charaktere kennen, die überwiegend in der Außenwelt leben. Trotz des harten Lebens außerhalb der privilegierten Sphären besitzen diese Figuren Tugenden, die mich oft überrascht und meinen Blick auf diesen Weltentwurf komplett verändert haben.

Nach wenigen gelesenen Seiten umfing mich wieder diese für die Geschichte typische Atmosphäre, die sich nur sehr schwer mit Worten beschreiben lässt. Die mannigfaltigen Emotionen, die die literarischen Figuren erleben, werden so passend und echt beschrieben, dass sie auch zu einem Teil des Lesers werden.

„Die Vernichteten“ habe ich wie ein Wettlauf gegen die Zeit empfunden, bei dem der unsympathische Gegner immer die Nase vorne hat. Viele unerwartete Ereignisse haben mich manchmal etwas entmutigt und meine Hoffnungen auf ein gutes Ende erschüttert jedoch nie gänzlich zerstört. Die bekannten Verwirrspielchen, an denen man sich schon in den beiden ersten Bänden die Zähne ausgebissen hat, sind wieder fester Bestandteil dieser brillanten und spannungsgeladenen Handlung. Und während der Leser sich in seine aufgestellten Thesen verstrickt bemerkt er kaum, dass sich die Welt um ihn herum einfach weiterdreht. Schon während des Lesens beschlich mich die Angst, dass die Passagen viel zu schnell gelesen sind. Am Ende fiel es mir sehr schwer, mich von den großartigen literarischen Figuren und ihrer Welt zu trennen. Und auch nach dem Lesen konnte ich sie nie ganz loslassen.

Es gibt ein Wort, das ich nur sehr selten benutze: perfekt. Für mich muss nicht alles perfekt sein und es gibt auch kaum etwas – abgesehen von meiner Lieblingsschokolade oder einem heißen Bad an einem eiskalten Winterabend -, dass für mich wahrhaftig diese Bezeichnung verdient. „Die Vernichteten“ sowie die gesamte Eleria – Reihe kann ich allerdings nicht anders als perfekt bezeichnen, denn diese Geschichte vereint alles, was ich an guten Büchern liebe.