Rezension

Pflichtlektüre

Tiere essen - Jonathan Safran Foer

Tiere essen
von Jonathan Safran Foer

Bewertet mit 5 Sternen

Jonathan Safran Foers „Tiere essen“ hat international für Furore gesorgt. Die Konfrontation mit den grausamsten Fakten aus der heutigen Tierhaltung hinterließ Spuren bei den Menschen. Fakten, die wir im ersten Moment nicht glauben können oder vielmehr wollen, weil wir die Lügen, die uns die Lebensmittelindustrie täglich vorgaugelt, um einiges angenehmer empfinden als die erschreckende Realität.

Die meisten Menschen reagieren nach dem Lesen des Buches empört und nahezu erschüttert. Ganze Nationen werden wachgerüttelt. Doch ändert sich dadurch wirklich etwas? Kaufen wir sie nicht weiter ein, die Eier aus Käfighaltung, die Brathähnchen oder Bratwürste vom Stand unseres Vertrauens und das günstige Fleisch aus dem Discounter? Und warum? Ganz einfach. Es ist verhältnismäßig günstig und es schmeckt uns. Wer will schon darauf verzichten oder sich Gedanken darüber machen, wie die Lebensmittel entstanden ist? Und selbst wenn: nicht jeder kann sich die oftmals überteuerten Bio-Lebensmittel oder regionalen Produkte leisten. Selbst hier lassen wir uns für blöd verkaufen. Auch Bio-Eier müssen nicht zwangsweise von freilaufenden Hühnern stammen. Genau genommen muss zwar ein Zugang zum Freien bestehen, es heißt aber nicht zwangsweise, dass die Tiere diesen auch tatsächlich nutzen können. Ist alles nur ein großer Schwindel?

„Etwa 98 Prozent aller Hühner und Schweine, die für den Verzehr bestimmt sind, stammen in Deutschland aus Massentierhaltung – das sind über 500 Millionen Tier im Jahr. Würde man auch die Rinder und Fische hinzurechnen – die aus verschiedenen Gründen schwieriger zu quantifizieren sind – wäre die Zahl noch bedeutend höher.“

Zitat, Seite 9

Massentierhaltung zählt mittlerweile zur gängigen Praxis. Es ist günstiger, es werden schneller Ergebnisse erzielt und es wird mehr Umsatz gemacht. Macht und Profit stehen für die meisten Konzerne im Vordergrund. Wie es den Tieren dabei geht, interessiert die wenigsten. Oder doch?

Laut Umfragen im Jahr 2011 des Meinungsforschungsinstituts FORSA leben bereits über 42 Millionen „Teilzeitvegetarier“ bzw. „Flexitarier“ in Deutschland. Ihre Zahl nimmt augenscheinlich deutlich zu und macht heute schon die Mehrheit aus (Auszug von www.vebu.de). Der Trend geht weiter. Immer mehr Menschen verändern ihre Ernährungsweise und wollen von nun an auf Fleisch und Fisch verzichten. Auch Foer ist sich sicher, dass die Massentierhaltung nur gestoppt werden kann, wenn man gänzlich auf Fleisch verzichtet. Es gibt sie zwar, die letzten Ausnahmen, tierfreundliche Geflügelfarmer und Viehzüchter, die den Tieren zumindest bis zu ihrer Schlachtung ein schönes Leben schenken. Doch mit der konstanten Nachfrage nach Fleisch, kann man der Massentierhaltung nicht entgegenwirken.

„Die Natur ist flexibler, als wir glauben. Doch auf jeden Fall ist es normal und natürlich, dass Tiere andere Tiere essen, und da wir Menschen Teil der Natur sind, ist es auch ganz normal, dass Menschen Tiere essen. Das bedeutet allerdings nicht, dass wir Tiere essen müssen.“

Zitat von Nicolette Niman (Niman Ranch), Seite 238

„Versetzen Sie sich in einen überfüllten Aufzug, einen so überfüllten Aufzug, dass Sie sich nicht umdrehen können, ohne Ihren Nachbarn anzurempeln (oder ihn zu verärgern). Der Aufzug ist so überfüllt, dass Sie oft in der Luft hängen. Das ist fast ein Segen, denn der abgeschrägte Boden ist aus Draht, der Ihnen in die Füße schneidet. Nach einiger Zeit werden die Wesen im Aufzug die Fähigkeit verlieren im Interesse der Gruppe zu funktionieren. Einige werden gewalttätig, andere drehen durch. Und ein paar werden, da ihnen Futter und Hoffnung versagt, zu Kannibalen. Es gibt keine Auszeit, keine Hilfe. Kein Aufzugmechaniker kommt. Die Tür wird sich nur einmal öffnen, nämlich am Ende Ihres Lebens zu Ihrer Reise an den einzigen Ort, der noch schlimmer ist.“

Zitat aus der Definition zu Käfigbatterie, Seite 75

„Tiere essen“ ist eine wahre Bereicherung für jeden von uns. Mit ihm ist Foer ein vielschichtiges Sachbuch gelungen, dass eine ungeheure Bandbreite an Themen auf harmonische Weise vereint. Man trifft auf perfekt in Szene gesetzte Informationen; Interviews von Experten, die nahezu mit aller Macht gegeneinander duellieren; Definitionen von Fachbegriffen und Foers persönliche Ansichten. Auch das Thema Hundefleisch ergattert Foers Aufmerksamkeit.

„Tatsache ist, dass es in 44 Staaten völlig legal ist, den „besten Freund des Menschen“ zu essen, und trotzdem ist es in den Köpfen ebenso tabu wie die Vorstellung, dass ein Mensch seinen besten Freund ist.“

Zitat, Seite 35

Aus der gezielten Recherche nach der idealen und gesündesten Ernährungsweise für seinen Sohn, entstand die Idee, ein Buch zu schreiben. „Tiere essen“ ist dadurch zu einem sehr authentischen und abwechslungsreichen Werk geworden, was sich auf wunderbar flüssige Weise lesen lässt. Sicherlich ist dies nicht mit der ein oder anderen Lesepause möglich, da die Fakten teilweise sehr brutal und lebendig beschrieben sind. Doch nur wer die Dinge beim Namen nennt, kann etwas ändern! Es wird wohl kaum jemanden geben, der das Buch liest, ohne beeindruckt zu sein. Aus diesem Grund ergattert Foer verdiente 5 von 5 grunzenden Schweinen, die sich glücklich im Schlamm wälzen.